Eine fachkundige Jury vergab in diesem Jahr aus 50 insgesamt eingereichten studentischen Abschlussarbeiten aus den Fachrichtungen Architektur und Städtebau drei Preise und zwei Anerkennungen. Mit dem Studienpreis Konrad Wachsmann möchten die Landesverbände Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg des Bund Deutscher Architekten den beruflichen Nachwuchs fördern und den Dialog zwischen Ausbildung und Praxis intensivieren.
Die feierliche Preisverleihung findet am 6. Oktober 2023, ab 17 Uhr, im Konrad-Wachsmann-Haus in Niesky statt.
Jasmin Min Chu
Bruch in der Konsumordnung
Betreuende Professuren: StadtArchitektur, Grundlagen des Entwerfens
Die Arbeit setzt sich beispielhaft mit der Fragestellung auseinander, wie durch gesellschaftliche Veränderungen, aus der Nutzung gefallene Gebäude des Handels, hier einem Einkaufszentrum, einer neuen am Gemeinwohl orientierten Nutzung zugeführt werden kann. Der Erlanger Altstadtmarkt wurde 1970 auf einem ehemaligen Brauereigelände errichtet. Das Gebäude ist geprägt von verwinkelten Sichtbetonstrukturen, Terrassierungen und freiliegenden Treppen. Das Gelände ist fortwährend von Ladenwechsel und Leerstand betroffen, insbesondere nachts wird es zu einem Ort der Unsicherheit. Die bisherige Monofunktionalität des Konsumgebäudes erfährt eine Nutzungsmischung aus Wohnangeboten, Nahversorgung und Kultur. Das bestehende Erdgeschoss wird partiell aufgebrochen und für den öffentlichen Raum geöffnet. In der Mitte des Gebäudes entsteht ein Kreuzungspunkt, an dem sich die unterschiedlichen Nutzergruppen aus Passanten, Bewohner*innen und Mitarbeitern des Altstadtmarkts begegnen können. Es wird ein vertikaler Aufbau mit Terrassenwohnungen ergänzt, der einen neuen Abschluss des Blocks zum Quartier bildet. Die Wohnungen sind klar strukturiert und können zu größeren Einheiten zusammengeschalten werden und sich so an sich verändernde Haushaltsgrößen anpassen. Der für den Konsumbedarf programmierte Bestand wird ausgehend vom transformativen Potential des Bestandes beispielhaft re-programmiert, weitergebaut und durch integrierte Offenheit langfristig für sich verändernde Bedarfe gewappnet.
Jonas Musil
Silo, Raasdorf bei Wien
Betreuende Professur: Landschaftsarchitektur und -planung
Das Vorhaben, Ansätze zur Nachnutzung von rund 300 aus der Funktion gefallenen Silos in Österreich zu finden, entstand auf Grundlage aufmerksamen Erlebens der eigenen Umwelt. Der Entwurfsverfasser hat zunächst in einer Forschungsarbeit vier Nachnutzungs-Ansätze entwickelt: Erhalten und Umbauen, Improvisieren, Silowohnen und Produzieren. Darauf aufbauend entwickelte er eine prototypische Struktur, die verschiedene seiner Ansätze kombiniert, für einen in den 60er Jahren gebauten Kornspeicher in der Nähe von Wien. Der Anspruch reicht über die rein hochbauliche Maßnahme weit hinaus, indem grundlegende siedlungsstrukturelle Themen – Stichwort: Einfamilienhaus – in die Überlegungen einbezogen wurden. Der letztlich von einem horizontalen Garten ummantelte Wohnturm bietet jeder Wohneinheit einen vorgelagerten Wintergarten. Über seine primäre Funktion zum Kultivieren von Gemüse und Blumen hinaus kann dieser „Puffer“ auch als Erweiterung des Wohnraums genutzt werden. Indem die Geschosse verspringen und doppelhoch angelegt sind ist die natürliche Belichtung für alle Einheiten gewährleistet. Das Projekt kombiniert geschickt Konzepte aus Architektur und Landschaftsarchitektur. Es spricht dezidiert das Konzept des „Vertikal Gardening“ an. Zugleich referenziert es – ohne direkten Bezug zu Projekten etwa von Lacaton Vassal aufzubauen – aus dem Wohnungsbau bekannte Erweiterungskonzepte. Die konsequente Überführung bringt eine eigenständige neue Form hervor – die Silos bleiben Landmarken, künden jedoch von einer zukunftsfähigen Art produktiven Landlebens.
Paula Christfreund
Zimmerei-Akademie Rudolstadt – Ausbildungsakademie für historischen Holzbau in Thüringen
Betreuende Professur: Entwerfen und Erproben
Die Arbeit Zimmerei-Akademie Rudolstadt thematisiert die Leerstände in der historischen Fachwerk-Altstadt und entwickelt einen Baustein zur Transformation dieses Bereiches der Innenstadt. Der reaktivierte Ort wird mit einem Ausbildungszentrum für historische Bautechniken besetzt, um mit diesem den Bedarf an Handwerkern zur Sanierung der Altstadt zu decken. Schulungsräume, Übernachtungsmöglichkeiten und die Verwaltung werden im „Haus auf der Mauer“, einem bestehenden Fachwerkensemble untergebracht. Die Werkhalle wurde auf der gegenüberliegenden Brachfläche platziert und spannt so einen öffentlichen Platz zwischen den beiden Teilen des Projektes auf. Die Werkhalle erweitert sich über große Öffnungen zum Platz und ermöglicht diesen im Sommer als Werkhof zu bespielen. Die großzügigen Verglasungen der Halle laden Passant*innen ein die Handwerker*innen bei Ihrer Arbeit zu beobachten und teilzuhaben. Der Skelettbau der Halle ist ein moderner Verweis auf die historische Fachwerkbauweise, setzt die Tradition von Holzbauten in einer modernen Ausprägung fort und wird so zum Vorbild nachhaltigen Bauens mit nachwachsenden Rohstoffen. Die dreigeschossige Halle wird von Sheddächern mit geneigter Verglasung und in dieser Ebene liegenden Fachwerksträgern überspannt. Die sich aus den Shedgiebeln und dem Raster des Tragwerks ergebende Fassadengliederung führt zu einer selbstverständlichen Einbettung der großformatigen Halle in den historischen Innenstadtbereich. Die Arbeit verbindet feinfühlig die großen Fragen der Transformation anhand des sensiblen Umgangs mit dem historischen Erbe der Fachwerkinnenstadt mit konkreter handwerklicher Praxis und Ausbildung. Gern wollen wir mehr solcher Projekte als Teil unserer Baukultur erleben.
Weitere Informationen zum Studienpreis Konrad Wachsmann und zu den weiteren Preisträger*innen: https://www.bda-sachsen.de/2023/09/entschieden-studienpreis-konrad-wachsmann-2023/
Kontakt
Bauhaus-Universität Weimar
Claudia Weinreich
Pressesprecherin
Tel.: +49(0)3643/58 11 73
Luise Ziegler
Mitarbeiterin Medienarbeit
Tel.: +49(0)3643/58 11 80
Fax: +49(0)3643/58 11 72
E-Mail: presse[at]uni-weimar.de
Web: www.uni-weimar.de/medienservice
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