Wer schon einmal den Werksverkauf eines Porzellanherstellers besucht hat, stellte sich womöglich die Frage, warum die einzelnen Stücke nicht durch die Qualitätskontrolle gelangt sind. Für die Einkäuferinnen und -käufer sind die Fehler im Material, die beim Produktionsprozess entstehen können, oftmals kaum erkennbar. Warum also landet dieses Geschirr als zweite Wahl im Werksverkauf oder wird gar entsorgt?
Genau diesem Problem hat sich Susann Paduch gewidmet, die an der Professur Material und Umwelt im Studiengang Produktdesign an der Bauhaus-Universität Weimar lehrt und arbeitet. Als das Pop-Up-Restaurant »Die Lücke«, das den Fokus auf Nachhaltigkeit legt, im Bauhaus-Jubiläumsjahr 2019 erneut in Weimar Station machte, sollte ein eigenes Geschirr designt werden. Dafür suchte Paduch nach einem regionalen Partner und konnte die Kahla Porzellanmanufaktur für das Projekt gewinnen.
Da die Entwicklung einer eigenen Form zu aufwändig war, rückten ausgemusterte Exemplare bereits produzierter Porzellanstücke ins Blickfeld. Beim Betrachten der Mängel der B-Ware entstand die Idee, genau diese Fehler zu inszenieren. Paduch entwickelte zunächst ein Klassifizierungsmodell für insgesamt 15 typische »Macken« des Porzellans und entwarf ein Dekor-Design, das nachträglich in die Stücke eingebrannt wurde. Entstanden ist eine Porzellanserie, die individueller nicht sein könnte – jeder Teller und jede Schüssel ist ein echtes Unikat mit Schönheitsfehlern zum Liebgewinnen.
»Eines meiner Lieblingsphänome, das nicht selten auftritt, ist der sogenannte Eisenfleck«, beschreibt Paduch. »Manchmal bleiben nach der Reinigung der Rohstoffe winzige Eisenteilchen in der Porzellanmasse zurück. Diese Teilchen führen beim Brand dazu, dass ein dunkler Fleck, eine sogenannte Ausblühung, unter der Glasur entsteht. Ich habe mich beim Sichten am meisten über Teile mit besonders vielen dieser Phänomene gefreut. Auch habe ich beobachten können, wie die Gäste der Lücke beim Betrachten des Dekors über die vermeintlichen Fehler ins Gespräch gekommen sind und einen kleinen Einblick in die Prozesse der Porzellanproduktion erhalten haben.«
Günter Horntrich, emeritierter Professor für Ecology und Design an der Köln International School of Design, begründet die Entscheidung der Jury: »Das Dekor bewahrt fehlerhaftes Geschirr vor der Vernichtung und erzeugt zusätzlich einen semantischen Mehrwert – Produkt als Botschaft und Botschaft als Produkt. Es stellt die Frage nach der Warenästhetik des Gebrauchs an sich und der Rolle von Design bei der Prägung möglicherweise überholter Wertvorstellungen.«
Kontakt
Bauhaus-Universität Weimar
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Pressesprecherin
Tel.: +49(0)3643/58 11 73
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Mitarbeiterin Medienarbeit
Tel.: +49(0)3643/58 11 80
Fax: +49(0)3643/58 11 72
E-Mail: presse[at]uni-weimar.de
Web: www.uni-weimar.de/medienservice
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