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Published: 25 July 2022

Von Plattformen, die auf Plattformen laufen, von OPEs und OPDEs und jeder Menge Netzwerkeffekten

Platform-Of-Platforms (PoP) ist ein Geschäftsmodell, dass viele Social-Media-Plattformen nutzen. Viele kleine Plattformen laufen auf einer großen Plattform. Das hat Vorteile für die Social-Media-Plattform, die Betreiber der kleinen Plattformen, aber auch für Nutzer und Werbetreibende. Und zeigt, wie mächtig Social-Media Plattform über das Leben und Sterben von Geschäftsmodellen entscheiden können.

Das Papier baut auf einer einfachen - fast schon trivialen - Beobachtung auf: Jeder Influencer auf Instagram (oder einer der anderen Social-Media Plattformen) ist im Grunde selbst eine zweiseitige Plattform: Je mehr Follower eine Influencerin anziehen kann, desto interessanter wird sie für Werbepartner; je mehr Werbepartner sie anziehen kann, desto mehr Geld verdient sie, desto mehr Zeit kann sie in die Content-Erstellung investieren. Das überraschende daran ist aber, dass die Social-Media Plattform (z.B. Instagram) selbst eine werbefinanzierte mehrseitige Plattform ist und die Influencer*innen auf der Plattform haben das gleiche Geschäftsmodell wie die Plattform selbst.

Warum erlauben und unterstützen Social-Media Plattformen anderen Plattformen, auf ihr Geld zu verdienen? Plattformen wie Google oder Apple sind da wesentlicher strikter: Der Google Shopping Fall zeigt, dass Google lieber selbst die Produktsuche-Plattform sein möchte: Nutzern, die nach Produkten suchen, wird vornehmlich Google Shopping präsentiert und nicht eine der vielen Alternativen. Auch im AppStore oder im Google Playstore müssen Plattformen, die auf der Plattform laufen tendenziell tief in die Tasche greifen: Der Fall EpicGames vs. Apple zeigt das anschaulich. Einkäufe (In-App Purchases), die innerhalb des Spiels auf der zugrundeliegenden Plattform gemacht werden (auf Android oder iOS) lassen sich Apple und Google fürstlich entlohnen.

Warum ist das auf Social-Media Plattformen anders? In unserem Papier konzeptualisieren wir die Beobachtung, dass viele kleine Plattformen auf einer großen Plattform laufen und alle Plattformen das gleiche werbefinanzierte Plattform-Geschäftsmodell verfolgen. Was zunächst wie Kannibalisierung der Werbeumsätze aussieht entpuppt sich als Lehrstunde in der Funktionsweise von Netzwerkeffekten. Eine große Plattform kann die Netzwerkeffekte besser internalisieren als viele kleine Plattformen. Die Social-Media Plattform lagert außerdem die Content-Produktion kostengünstig (nämlich ohne monetäre Kosten) an die Influencer aus und erzeugt dennoch einen konstanten Stream an (teilweise) hochwertigen Content. Andere Plattformen wie klassische Medienunternehmen und Zeitungen investieren dagegen sehr viel, um eine eigene Redaktion zu unterhalten. Jeder Influencer, der Follower anzieht und Werbefläche schafft, macht die Plattform attraktiver für Nutzer und für Werbekunden. Je erfolgreicher die Influencer darin sind, ihr Plattform-Geschäftsmodell zu betreiben, desto stärker werden die Netzwerkeffekte der Social-Media Plattform.

Sind On-Platform-Entrepreneure (OPEs) die gelackmeierten? Wir nutzen in unserem Papier den Ausdruck OPEs um Nutzer zu beschreiben, die die Social-Media Plattform mit der Absicht nutzen, um selbst ein Geschäftsmodell aufzubauen. OPEs profitieren auf vielfältige Weise von diesem Platform-of-Platform (PoP) Geschäftsmodell: Sie können praktisch ohne Kosten in den Markt eintreten und können kostenlos die Netzwerkeffekte der PoP nutzen. Sie bekommen also die Infrastruktur gestellt, das Chicken-Egg-Problem gelöst und obendrein profitieren sie noch von einem Algorithmus, der ihnen neue Nutzer bringt. Sie stehen zwar in Konkurrenz zu anderen OPEs, sie profitieren aber durch Weak-Ties auch von anderen OPEs. Außerdem verbindet die PoP viele kleine lokale Netzwerke zu einem großen globalen Netzwerk, was jede einzelnen OPE vor Konkurrenz von außen schützt.

Nutzer profitieren von der PoP, da keine Wechselkosten zwischen den Plattformen anfallen, sie neue Inhalte entdecken können innerhalb einer Plattform multihomen können. Werbekunden profitieren von scheinbar unendlichen und breit differenzierten Werbemöglichkeiten, von Nano-Influencern bis zur globalen Werbung auf der Social-Media Plattform selbst. In unserem Papier arbeiten wir die Vorteile aufbauend auf den Netzwerkeffekten genau heraus.

PoP und OPE alles Peaches und Cream? Das Papier beschäftigt sich zunächst nur mit der Beobachtung, dass viele kleine Plattformen auf einer großen Plattform laufen, unternehmerische Freiheit genießen und die vorhandenen Netzwerkeffekte nutzen können. Dennoch sind die OPEs natürlich von der großen Plattform und deren Strategie abhängig. In einer negativen Betrachtung könnte man die OPEs auch OPDEs nennen: on-platform-dependent-entrepreneurs. Die Social-Media Plattform schafft also zunächst einen Markt für OPEs, kann ihn aber auch jederzeit wieder entziehen. Die Konzeptionalisierung kann aber dabei helfen, das Phänomen zu verstehen und weiter zu erforschen.

link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-031-05061-9_44