Interface-Utopien (Jun.-Prof. Dr. Sabine Wirth)
Studienmodul Digitale Kulturen
Dienstag, 13:30-15:00 Uhr, Beginn am 12.4.2022
Das Seminar will nachverfolgen, wie die Idee der Unmittelbarkeit, welche bereits frühe Mediendiskurse durchzieht, in den Visionen des Gebrauchs digitaler Medien eine neue Konjunktur erfährt und zu einem Leitbild der User InterfaceGestaltung wurde. Dabei kommen nicht nur Utopien der Mensch-Computer-Interaktion wie die des „interfaceless interface”, der unmittelbaren Kopplung von menschlichen Körpern und Computern oder die der unauffälligen Stand 30.11.2022 Seite 24 von 330 Sommer 2022 Zuhandenheit von Computertechnologie in den Blick, sondern auch das potentielle Umschlagen dieser Utopien in Dystopien. Neben aktuellen Ansätzen der Interface-Theorie werden wir zum einen medienhistorische Texte aus den 1920er und 1930er Jahren lesen, die den paradoxalen Traum vom unmittelbaren Medium der Kommunikation thematisieren. Zum anderen werden konkrete Ideen aus der Vor- und Frühgeschichte des Personal Computers diskutiert: insbesondere Konzeptionen der Human-Computer Interaction (HCI) der 1950er/60er/70er Jahre wie sie bei Vannevar Bush, J.C.R. Licklider, Douglas Engelbart, Alan Kay, Ivan Sutherland, Mark Weiser und anderen Wegbereitern des Personal Computing zu finden sind. Neben der medientheoretischen und -geschichtlichen Hinführung sollen schließlich gegenwärtige Konzepte und Umsetzungen wie Ubiquitous Computing, Internet der Dinge, Calm Technology oder Wearables diskutiert werden, die unauffällig in Umgebungen oder in menschliche Träger*innen eingebetteten werden. Dabei kommt nicht nur die Relation zwischen Computertechnologie, Mensch und Umwelt in den Blick, sondern auch der menschliche Körper als Interface.
Everyday AI (Jun.-Prof. Dr. Sabine Wirth)
Studienmodul Digitale Kulturen
Montag, 9:15-10:45 Uhr, Beginn am 11.4.2022
Algorithmen und Techniken des sog. maschinellen Lernens, welche oft mit dem Begriff der ‚künstlichen Intelligenz‘ (KI) umschrieben werden, sind nicht mehr nur Gegenstand von Science-Fiction oder Teil von Experimentalanordnungen in Media-Labs, sondern sind bereits in zahlreiche kommerzielle Anwendungen implementiert und gehören damit integral zum Alltag gegenwärtiger digitaler Medienkultur. Ob ‚smarte‘ Personal Assistants wie Google Assistant, Siri oder Alexa, automatisierte Gesichtserkennung im öffentlichen Raum, KI-basierte Foto- und Videobearbeitungs-Apps oder algorithmisierte Content-Moderation und KI-basierte Selektionsmechanismen von Social Media Feeds – Algorithmen des Machine Learning arbeiten mit an der Erstellung, Klassifizierung, Identifizierung, Sortierung, Verteilung oder Sichtbarmachung von Inhalten in kommerziellen Medienumgebungen und bringen teils eigene Medienästhetiken hervor. Das Seminar setzt sich mit der historischen Entwicklung dieser Veralltäglichung von KI-Technologien auseinander und erprobt verschiedene Theoretisierungsangebote sowie Methoden zur medienkulturwissenschaftlichen Analyse von KI-Technologien in Alltagsanwendungen. Anhand aktueller Beispiele sollen Mensch-Maschine-Verhältnisse und Agency in ‚smart media environments‘ diskutiert werden. Dabei setzen wir uns auch kritisch mit den Grenzen der (medienwissenschaftlichen) Erforschbarkeit von KI-Technologien auseinander.