Studienmodul: Europäische Medienkultur 3: Schauplätze der Erinnerung
Seminar: Europäischer Film und kulturelle Erinnerung (M.A. Katja Hettich)
In dem Seminar werden wir einerseits anhand der Lektüre von einschlägigen Theorietexten (u.a. von Maurice Halbwachs, Aleida und Jan Assmann, Alison Landsberg) Konzepte der kultur- und medienwissenschaftlichen Gedächtnisforschung diskutieren (u.a. soziales, kollektives und kulturelles Gedächtnis, Erinnerungskultur, 'prostheticmemory'). Andererseits werden wir uns damit auseinandersetzen, in welchen Relationen speziell das Medium Film und kulturelle Erinnerung stehen. Dabei stellen sich verschiedene Fragen, denen wir weitere hinzufügen können: Welche Phänomene umspannt der Themenkomplex überhaupt? In welchen Formen können unterschiedliche Arten von Filmen an kultureller Erinnerung partizipieren? Welche Ansatzpunkte gibt es, um Inszenierungen von Geschichte und Gedächtnis im Film zu analysieren? Wie stellen konkrete Beispiele des europäischen Films kollektive Erinnerung dar bzw. wirken selbst als Erinnerungsmedien? Inwiefern partizipieren europäische Filme an nationaler bzw. transnationaler Erinnerungskultur und Identitätsbildung? Welche Rolle spielen dabei filmkulturelle Praktiken(z.B. Filmfestivals)? Welches sind ethische und politische Wirkpotenziale massenkultureller Erinnerungsmedien, wo liegen Probleme?
Seminar: Orte, Texte, Objekte der Erinnerung an das KZ Buchenwald im europäischen Kontext (Jun.Prof. Eva Krivanec)
Die Befreiung Buchenwalds jährt sich am 11. April 2020 zum 75. mal. Nur wenige Zeitzeugen leben noch, um von ihren Erfahrungen zu berichten und das Erinnern an die Greuel, die Demütigungen und Schikanen, den Tod, das Leid und die unmenschliche, sinnlose Arbeit im Konzentrationslager, die Erinnerung an die Ermordeten aber auch die Erinnerung an die Täter mit ihrer körperlichen Präsenz zu bekräftigen. Umso wichtiger werden die beständigeren, ein Menschenleben überdauernden Zeugnisse dieser weit in unsere Gegenwart und Zukunft hineinwirkenden historischen Ereignisse. Das Republik- und Bauhaus-Jahr 2019 war ein wichtiges Jahr für Weimar, es hat wunderbare Veranstaltungen, ein wichtiges neues Museum und ein Bewusstsein für die Errungenschaften der Weimarer Republik, sowohl auf künstlerischem als auch auf politischem und gesellschaftlichem Gebiet hervorgebracht. Dennoch schien es manchmal so, dass dies auch den willkommenen Anlass bot, die anderen, düsteren Epochen der Weimarer Geschichte, zu überdecken und deren Andenkendurch die beeindruckenden Leistungen des Weimarer Bauhaus zu behübschen. Im Jahr 2020 jedoch fordert auch das nur 10 km von Weimar Zentrum entfernte Buchenwald seine Präsenz in Weimar wieder ein. Und das SE "Orte, Texte, Objekte der Erinnerung an das KZ Buchenwald im europäischen Kontext" möchte die Reflexion und historisch-medienwissenschaftliche Erforschung mit einer bi- bzw. plurinationalen Studierendengruppeweiterführen und bewusst die transnationale, europäische Dimension des KZ Buchenwald und der Erinnerung daran in den Mittelpunkt stellen. Die derzeit noch nicht mögliche Besichtigung des Erinnerungsortes selbst im Rahmen einer Exkursion soll nachgeholt oder individuell durchgeführt werden, so steht die Lektüre von historischen, dokumentarischen und fiktionalen Texten über Buchenwald (wie auch performativer, filmischer, musikalischer, skulpturaler oder pikturaler Auseinandersetzungen) sowie die Bearbeitung einzelner Fallstudien, Ereignisse oder Dokumente, die in einer Fülle digitaler Archive sowie auf der umfassenden Webseite der Gedenkstätte Buchenwaldzugänglich sind. Diskussionen über eine angemessene und wirkungsvolle Präsentation unserer Arbeit bei der summaery werden, so hoffe ich, ebenfalls die Reflexion zu Formen und Medien der Erinnerung vorantreiben. Studienmodul: Medien des Rechts Seminar: Bühnen-Prozesse. Analogien und Korrespondenzen gerichtlicher und theatralischer Verfahren Wie das Gerichtsverfahren untrüglich an ein theatrales Dispositiv gekoppelt ist, das auf Mündlichkeit, Darstellungsstrategien und der Transformation von Realem ins Symbolische beruht, so war und ist auch die theatrale Aufführung, die Bühnenperformance privilegierte Szene zur Verhandlung dessen, was Recht oder Unrecht, Gerechtigkeit und Willkür, Ordnung und Verwirrung ist. Neben dieser strukturellen Vergleichbarkeit von Bühnensetting und Gerichtsverhandlung, die wir zu Beginn des Seminars diskutieren, sollen vor allem drei Konstellationen dieses Verhältnisses im Seminar betrachtet werden: 1) Gerichtsprozesse / -verhandlungen am Theater: von den klassischen "Prozessdarstellungen" auf der Bühne wie in Aischylos "Orestie", in Kleists "Zerbrochenem Krug" oder bei Karl Kraus, Bertolt Brecht, Peter Weiss bis hin zu aktuellen Re-Enactments von Gerichtsprozessen (Milo Rau, Andrea Geyer) 2) Die Theatralität von Prozessen und Prozessberichten wie etwa die Moskauer Prozesse, die Nürnberger Prozesse oder jenen von Hannah Arendt für immer festgehaltenen Prozess von Adolf Eichmann oder die Befragungen vor dem "Ausschuss für unamerikanische Aktivitäten" unter Mc Carthy oder jüngst etwa die NSU-Prozesse und ähnlich politisch brisante Verfahren. 3) Konkrete Gerichtsprozesse, die sich aus Theaterproduktionen ergeben haben, diese betreffen insbesondere Sittlichkeitsfragen oder politisch-revolutionäre Tendenzen, aber auch Fragen des Copyrights, der Autorisierung von Bearbeitungen etc. Hier finden wir eine ganze Reihe interessanter Beispiele, etwa bei Autoren wie Arthur Schnitzler, Frank Wedekind, Bertolt Brecht, Jules Verne u.a.