Volker Bernhard studierte Sozial- und Medienwissenschaften in Berlin und Weimar. Nach Abschluss seines Masterstudiums mit einer Arbeit zu Heimat(-losigkeit) und Nomadismus bei Vilém Flusser begann er 2020 im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts "MetaReal: Immersiver Wissenszugang, kollaborative Exploration und intelligentes Retrieval in einer digitalen Weltkopie" seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Medientheorie und Wissenschaftsgeschichte. 2024 war er Research Affiliate am Remarque Institute der New York University. Er schreibt als freier Autor u.a. für Süddeutsche Zeitung und taz.
Sein Dissertationsprojekt Nach Haus. Eine Theorie des Wohnens bündelt Perspektiven aus Architektur, Geschichte, Philosophie und Soziologie, um eine Medientheorie des westlichen Wohnens zu entwickeln, die eine grundlegende Revision hegemonialer Vorstellungen vom Wohnen vornimmt. Nach Haus zeigt im Sinne einer kritischen Theorie des Wohnens, inwiefern sich das bürgerliche Wohnen im Laufe des 19. Jahrhunderts konstituiert und uns bis in die digitale Gegenwart verfolgt. Die Arbeit beschreibt dabei die gesellschaftlich grundierte, wechselseitige Hervorbringung von häuslicher Welt und Bewohner:innen als entscheidenden Faktor von Subjektivierungsprozessen.
Das Dissertationsprojekt zeigt erstmals die bedeutende Rolle des Wohnens im Schaffen einiger Klassiker der Kultur- und Medientheorie: Walter Benjamin, Félix Guattari, Vilém Flusser und Michel Foucault. Ein zentrales Kapitel widmet sich der "Hausfrauisierung" (Maria Mies), um die Effekte der Wohnung exemplarisch an Genderfragen aufzuzeigen. Die Arbeit stützt sich auch auf literarische Quellen wie Leonora Carrington und Franz Kafka, Filme von Chantal Akerman und Agnès Varda sowie Kunstwerke von Paul Klee, Dorothea Tanning, Francis Bacon und Max Ernst.
Herausgaben
(Hg.) Félix Guattari, Die subjektive Stadt. Schriften zu Architektur und Urbanismus, herausgegeben von Volker Bernhard und Henning Schmidgen, übersetzt von Reiner Ansén, Christian Driesen, Hermann Kocyba, Henning Schmidgen und Ronald Voullié, transversal texts, Wien (erscheint 2025).
Aufsätze
„Was sind Wohnmaschinen? Félix Guattari und das Paradox der häuslichen Welt“, in: Christina Bartz, Jakob Cyrkel, Felix Hüttemann, Monique Miggelbrink (Hg.), ComputerWohnen. Zur Geschichte des Computers in Wohnumgebungen zwischen Arbeit und Assistenz, Transcript, Bielefeld (erscheint 2025).
„Territorium und Existenz“ (Nachwort), in: Félix Guattari, Die subjektive Stadt. Schriften zu Architektur und Urbanismus, herausgegeben von Volker Bernhard und Henning Schmidgen, übersetzt von Reiner Ansén, Christian Driesen, Hermann Kocyba, Henning Schmidgen und Ronald Voullié, transversal texts, Wien (erscheint 2025).
„Die Therapie des Internets: Kulturelle Experimente und Ökosophie“ (mit Maxim Keller), in: Jahrbuch für Kulturpolitik 2023/2024, Transcript, Bielefeld (erscheint 2025).
„Ökosophisch Wohnen“, in: Doing Digital Utopia: Glossar für zukunftsfähige Digitalität (erscheint 2025).
„Von der Ordnung aus dem Chaos und ihrer Gewalt“, in: Eject. Zeitschrift für Medienkultur, Nummer 5: Rauschen, Lucia Verlag, Weimar 2015.
Interdisziplinäre Publikationen
Irene López García, Ephraim Schott, Marcel Gohsen, Volker Bernhard, Benno Stein, and Bernd Froehlich. Speaking with Objects: Conversational Agents‘ Embodiment in Virtual Museums. In IEEE International Symposium on Mixed and Augmented Reality (ISMAR 2024)
Johannes Kiesel, Volker Bernhard, Marcel Gohsen, Josef Roth, and Benno Stein. What is That? Crowdsourcing Questions to a Virtual Exhibition. In David Elsweiler, editors, 2022 Conference on Human Information Interaction & Retrieval (CHIIR 2022), pages 358-362, March 2022.
Essays & Verstreutes (Auswahl)
„Wohnen für Amazon“ [über Wohnungen als technische Umwelten], mit Gemina Picht, in: taz.Futurzwei, Nr. 25, Berlin 2023.
„Unvorstellbar sinnstiftend“ [zu Mark Zuckerbergs Metaverse], mit Maxim Keller, in: taz.Futurzwei, Nr. 21, Berlin 2022.
„Wellenreiten im Nirgendwo“ [zur Pop-Ästhetik der Gegenwart am Beispiel Vaporwave], in: Süddeutsche Zeitung, Dienstag, 14. Juli 2020.
„Haltet die Welt an, ich will aussteigen“ [für eine Konsumentenethik des Digitalen], in: Süddeutsche Zeitung, Donnerstag, 22. Februar 2018.
„Experimente bestehen nicht darin, einfach irgendetwas auszuprobieren“ [Interview mit Henning Schmidgen], in: Eject. Zeitschrift für Medienkultur, Heft 6, Weimar 2016, S. 76–95.
Vorträge
„Animistic Interiors. The Unconscious of Dwelling in Walter Benjamin and Félix Guattari“, Deleuze and Guattari Studies Conference, TU Delft, 8.–10. Juli 2024
„Beredte Tische und swingende Teppiche: Immersiver Wissenszugang am Beispiel des Gropiuszimmers“ (mit Ephraim Schott), Assistenten, Avatare, Atmosphären. Perspektiven des Animismus in Medienwissenschaft und Medienkunst, transdisziplinäre Konferenz an der Bauhaus-Universität Weimar, 24.–26. Januar 2024.
„Ecosophy and Dwelling Machines“, Deleuze and Guattari Studies Conference, University of Belgrade, 10.–12. Juli 2023.
„So lang war nun mal das Kabel. Agnes Vardas Daguerréotypes“, Filmreihe Wohnen, Kooperation von Klassik Stiftung Weimar & Bauhaus-Universität Weimar, Lichthaus Kino (Weimar), 18. Juni 2023.
„Was ist eine Wohnmaschine?“, Tagung ComputerWohnen. Umgebungen zwischen Arbeit, Assistenz und Komfort, Universität Paderborn, 20./21. April 2023.
„What Is Ecosophical Dwelling?“, Rencontre Guattari+30, Université de Paris 8, 20.–22. Oktober 2022.
„Experiment und Instrument. Wege der Kybernetik“, im Rahmen der Ausstellung Transitions, ACUD (Berlin), 27. August 2015.
Lehre
WS 2023/24: Architektur und Animismus bei Walter Benjamin (Seminar, MA Medienwissenschaft)
SS 2023: Was ist eine Wohnmaschine? (Seminar, BA Medienkultur)
WS 2022/23: Wohnfragen (Seminar, BA Medienkultur)
WS 2022/23: Die subjektive Stadt (Seminar, BA Medienkultur, mit Henning Schmidgen)
WS 2022/23: Territorium und Existenz (Plenum, BA Medienkultur, mit Henning Schmidgen & Felix Brieden)
WS 2021/22: Einführung in die Kritische Theorie (Seminar, MA Medienwissenschaft)
Kritiken (Auswahl)
„Väterchen Pop kennt kein Erbarmen“, in: Süddeutsche Zeitung, Freitag, 23. März 2018 [Kritik zu: Mark Fisher, Das Seltsame und das Gespenstische, Berlin: Edition Tiamat, 2017].
„Wozu Erfahrung?“, in: Die Zeit, 37/ 2017 [Kritik zu: Kenneth Goldsmith, Uncreative Writing. Sprachmanagement im digitalen Zeitalter, Berlin: Matthes & Seitz, 2017].
„Die Vermessung des Wir“, in: Die Zeit, 30/2017 [Kritik zu: Steffen Mau, Das metrische Wir. Über die Quantifizierung des Sozialen, Berlin: Suhrkamp, 2017].
Übersetzungen
Philip Roth, „Froh, dass ich noch lebe“ [Interview von Charles McGrath für die New York Times], Süddeutsche Zeitung vom 22.1.2018.
Evgeny Morozov, „Gemeinschaft ist auch nur eine Dienstleistung“, Süddeutsche Zeitung vom 18.12.2017.