Projekttitel
Experimental medianatures (AT)
Projektbeschreibung
In meinem Promotionsprojekt untersuche ich die medienökologischen und anthropomedialen Dimensionen zweier biotechnischer Experimente als medianatures in denen technische und natürliche Medialität operativ verschränkt werden.
Meine Leitthese ist dabei, dass sich die Biotechnowissenschaften anhand von zwei Vektoren ökologisieren und dass dieser Prozess wiederum anthropomediale Implikationen birgt. Auf einer eher infra-experimentellen Ebene werden Molekulare Umgebungen in komplexe Medienökologien transformiert, wodurch biologische agencies gezielt gesteuert werden sollen (1. Fallstudie). Auf einer extra-experimentellen Ebene soll durch die biodigitale Rekonfiguration von Proteinen auch zunehmend Einfluss auf ökologische Bedingungen außerhalb des Labors genommen werden (2. Fallstudie).
Die erste Fallstudie untersucht ein Experiment, in dem ein biologisches Signalsystem durch Gehirnwellen gesteuert wird. Mittels eines Elektroenzephalografie-Interfaces wird in einem speziellen Implantat, das einer Maus eingepflanzt wurde, ein LED-Licht de/aktiviert. Hierdurch werden optogenetische Zellen im Implantat angeregt bestimmte Stoffe auszuschütten, die im Körper der Mäuse nachweisbar sind. Hier ergibt sich ein hybrides Schaltsystem zwischen Menschen, Zellen und Mäusen.
Die zweite Fallstudie untersucht ein Experiment, in dem die Proteinstruktur eines PET-zersetzendes Bakterienenzyms durch ein künstliches Neuronales Netzwerk optimiert wird. Dieses erst 2016 entdeckte Enzym wird zunächst als ein editierbares biodigitales Daten-Objekt erzeugt, welches anschließend algorithmisch „optimiert“ werden kann. Hierdurch entsteht eine Art „Cyborg-Enzym“ das als neuartige umweltliche agency gezielt technosphärischen Plastikabfall abbauen soll.
Das Menschliche ist dabei anthropomedial in diese Ökologisierungsvektoren verstrickt, wobei sich der Mensch immer wieder als zentrale Steuerungsinstanz zu inaugurieren versucht. Ziel der Dissertation ist es diese Verstrickungsweisen herauszuarbeiten und Ansätze für die Erfindung neuer anthropomedialer Existenzweisen aufzuzeigen.
Vita
Martin Kallmeyer ist ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter am DFG-Graduiertenkolleg Medienanthropologie an der Bauhaus-Universität Weimar. Er studierte Sozialwissenschaften und Gender Studies in Hannover, Bielefeld und Berlin und war wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Gender & Science des Instituts für Geschichtswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, Stipendiat des Exzellenzclusters Bild Wissen Gestaltung der HU Berlin sowie Elsa-Neumann-Stipendiat des Landes Berlin. Seine Forschung zu experimental medianatures befasst sich mit den biodigitalen Operationsketten und materiell-diskursiven Relationierungsweisen biotechnischer Experimente.
Publikationen
„Relationieren – eine kritische Operation“. Zusammen mit Charlotte Bolwin, Jasmin Degeling, Gabriel Geffert, Gereon Rahnfeld, Nathalie Schäfer, Katia Schwerzmann In: Bolwin, Degeling, Geffert, Rahnfeld, Schäfer, Schwerzmann (Hg.). Szenen kritischer Relationalität, Meson Press: 2024 (im Erscheinen).
Welten der Plastisphäre. Fabulieren, Kompostieren, Komputieren. In: Bolwin, Degeling, Geffert, Rahnfeld, Schäfer, Schwerzmann (Hg.). Szenen kritischer Relationalität, Meson Press: 2024 (im Erscheinen).
New Materialism: neue Materialitätskonzepte für die Gender Studies“. In: Kortendiek, Beate; Riegraf Birgit; Sabisch, Katja (Hrsg.): Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung. Geschlecht und Gesellschaft, Vol. 65. Springer VS, Wiesbaden: 2017.
Herausgabe
Szenen kritischer Relationalität. Hrsg. Gemeinsam mit Charlotte Bolwin, Jasmin Degeling, Gabriel Geffert, Martin Kallmeyer, Gereon Rahnfeld, Nathalie Schäfer, Katia Schwerzmann): Meson Press: 2024 (im Erscheinen).
Workshops & Panelorganisation
Kritik der Relationen – aus medienanthropologischer Perspektive. Tagung organisiert von den Doktorand:innen des Graduiertenkollegs Medienanthropologie, Bauhaus-Universität Weimar. 12.–15.05.2022.
Inter-intra-infra: Eine Wissensökologie des Da/zwischen aus medienanthropologischer Perspektive. Experimentelles Vortragspanel, gemeinsam mit Charlotte Bolwin, Charlotte Brachtendorf, Maria Brannys, Gabriel Geffert, Hannah Peuker, Gereon Rahnfeld, Max Walther und Shirin Weigelt auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Medienwissenschaft zum Thema „Wissensökologien", Universität Innsbruck, 24.09.2021.
Transversale Transformationen. Geistes- und kulturwissenschaftliche Expertisen zur Tiefendynamik des Technologischen. Internationaler Workshop, organisiert gemeinsam mit Uta-Caroline Sommer. Humboldt-Universität zu Berlin, 26.+ 27. April 2018.