Nathalie Schäfer

Projekttitel

Botting for Fame: Digitale Existenzweisen im Bot-Milieu sozialer Medienplattformen.

Projektbeschreibung

Die Digitalisierung hat die Lebenswelten und Handlungssysteme von Menschen invasiv verändert und neue kulturelle und gesellschaftliche Lebensformen hervor gebracht. Digitale Lebensformen finden sich u.a. in den sozialen Netzwerken, deren Akteure und Akteurinnen auf einzigartige Weise menschliche und technische Charakteristika innehaben. Social Bots werden dort zunehmend als nicht-menschliche Akteure für qualitative soziale Interaktionen und für die Gewinnung neuer, menschlicher Follower*innen eingesetzt. Durch die Imitation menschlicher Verhaltensweisen wird ihre technische Natur verschleiert. Ihre auf Algorithmen basierende Programmierung erlaubt es ihnen, für ihre Nutzer*innen automatisiert Likes, Follows, Kommentare und Nachrichten verteilen und senden zu können. Umgangssprachlich hat sich für diese Praxis der Begriff „Botting“ etabliert.
Um diese Transformationen zu verstehen, einen Umgang mit ihnen zu finden oder sie bereits im Entstehungsprozess zu formen, reicht eine rein technikfixierte Perspektive für deren Erforschung und Analyse nicht aus. Aspekte des "Sozialen" müssen gleichermaßen hinzugezogen werden, um die Relationen zwischen Medien und Menschen und die daraus entstehenden Existenzweisen zu untersuchen. Auf Online-Plattformen verschwimmen die Grenzen herkömmlicher Unterscheidungen zwischen Mensch und Nicht-Mensch, Privatleben und Profession oder Visibilität und Präsenz. An diesem Punkt setzt das Forschungsinteresse dieses Projekts an und forciert den Forschungsgegenstand in dem Milieu sozialer Medienplattformen zu begreifen und in diesem die Mensch-Medien-Verschränkungen zu erforschen. Durch die Analyse dieses Milieus sollen digitale Existenzweisen als spezifische Form des Anthropomedialen herausgearbeitet werden.
Dieses Erkenntnisinteresse und der Prozess der Forschung soll eine genauere Erfassung desveränderten Status von Sozialität und die Funktion und Rolle des Vertrauens in sozialen Medienermöglichen. Darüber hinaus sollen die Zusammenhänge und Aushandlungsprozesse des Milieus verortet werden, um eine Basis für wissenschaftliche, gesellschaftliche und politische Diskussionen zu schaffen, welche die Beantwortung folgender Fragen beabsichtigen könnte: Welche Funktionen und Aufgaben sollen (Social) Bots übernehmen? Wo liegen ihre (ethisch vertretbaren) Grenzen? Darf es Software-Robotern erlaubt sein, soziale Interaktionen für seine*n Nutzer*in zu übernehmen und automatisieren? Welche Regeln sind erforderlich für die Entwicklung und den Einsatz solcher Technologien? Wie verändert sich die Gesellschaft durch die fortschreitende Digitalisierung und den zunehmenden Einsatz von künstlichen Intelligenzen?

Vita

Nathalie Schäfer studierte Kunst, Musik und Medien (B.A.) an der Philipps-Universität Marburg mit Schwerpunkten in der Medienwissenschaft und Betriebswirtschaftslehre (2017). In diesem Rahmen absolvierte sie ein Studienjahr an der Université de Poitiers, Frankreich. Im Anschluss erfolgte das trinationale Masterstudium European Film and Media Studies (M.A.) als Stipendiatin der DFH an der Université Lumière Lyon II, der Bauhaus-Universität, und der Universiteit Utrecht (2019). Ihre Abschlussarbeit „Ich bin doch keine Maschine! Social Bots als soziotechnische Akteure der Instagram-Community“ thematisiert die Wechselwirkungen zwischen menschlichen und technischen Akteuren auf Instagram.
Nathalie Schäfer ist ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Graduiertenkolleg Medienanthropologie und promoviert dort zur Mensch-Medien-Verschränkung von menschlichen Akteur*innen und Social Bots im Milieu sozialer Medienplattformen. Sie forscht zu Fragen der sozialen und technologischen Relationen in sozialen Medien, Social Bots, Algorithmen-Ethik und programmierter Sozialität.