Vom 6. bis 8. Juli 2023 laden die Professur »Philosophie und Ästhetik« und das Graduiertenkolleg Medienanthropologie (GRAMA) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Ästhetik zur Fachtagung »Die Frage des Prekären zwischen Kontingenz und Medialität« nach Weimar.
Unter dem Oberbegriff der Prekarisierung lassen sich verschiedene theoretische Zugänge und mitunter hochgradig heterogene Phänomene erfassen: Prekär sind Anstellungsverhältnisse genauso wie Zukunftsaussichten, Geschlechterzuschreibungen wie Aktienkurse, personale Nahbeziehungen wie social media-Profile, mikropolitische Arrangements in Kleingruppen wie hegemoniale Großformationen einer Gesellschaft oder politischer Einrichtungen. Es scheint nichts zu geben, von dem nicht gesagt werden könnte, es sei in der einen oder anderen Weise von Verunsicherung, Ungewissheit und Verzweideutigung betroffen und nicht in der einen oder anderen Weise abhängig von konflikthaften und umkämpften Deutungen und Auffassungen. Prekarität ist, ob verdeckt oder offen, ubiquitär.
Prekarisierung als Effekt einer Verunsicherung, die sich einer festen räumlichen wie zeitlichen, personellen wie institutionellen, affektiven wie diskursiven Festlegung entzieht, lässt sich daher in besonderer Weise medienanthropologisch in den Blick nehmen. Medien und Technik sind keine bloßen Instrumente oder Hilfsmittel des Menschen, sondern, so lautet eine zentrale medienphilosophische Einsicht, bringen »den« Menschen als Zuschreibungspunkt erst hervor. Praktiken der Selbstadressierung nehmen immer schon mediale und technische Leistungen in Anspruch, sodass, wenn vom Menschen die Rede ist, auch von einer irreduziblen »Anthropomedialität« gehandelt werden muss. Die Verunsicherung betrifft nicht das Dasein des Menschsein in dem Sinne, dass es ihn geben oder auch nicht geben könnte. Vielmehr geht es um die medienanthropologisch gerahmte Untersuchung genau jener Prekarität der Statuszuschreibung als solcher.
Was folgt, wenn vom »Menschen« als Fundamentalkategorie abgesehen und stattdessen auf das technisch-mediale Verfasstsein seiner Selbstverständnisse und seiner Ausfransungen in diverse mediale Milieus abgestellt wird? Welche diskursiven Autorisierungen entscheiden darüber, wer überhaupt als Mensch intelligibel ist und wer nicht? Welche Rolle spielen dabei Materialität und Verkörperungsvorgänge? Wie wird die Grenze zwischen Ästhetik und Nicht-Ästhetik, Natur und Kultur verhandelt, wenn die Grenzziehung selbst wiederum prekär ist? Wie wirken Medialisierungen und Technisierungen über ihre instrumentelle Funktion hinaus an politischen Prozessen mit? Lässt sich Prekarität neoliberal durch jeweilige Akteur*innen aneignen? Wie verhalten sich Prekarität, Komplexität, Kontingenz und Versicherheitlichung zueinander? Dass dieser Sachstand grundsätzlich auf prekäre Existenzweisen verweist, ist die leitende Intuition der Tagung. Einem derartig medienanthropologisch-interdisziplinären Erkundungsgang durch die Allgegenwart des Prekären widmen sich die thematischen Panels »Politisierungen/Queerungen«, »Verkörperungen/Materialisierungen«, »Medialisierungen« und »Ästhetisierungen«.
Tagung »Die Frage des Prekären zwischen Kontingenz und Medialität«
6. bis 8. Juli 2023
Bauhaus Universität Weimar
Lounge der Universitätsbibliothek
Steubenstraße 6
99423 Weimar
Organisation und Konzeption:
Dr. Sebastian Lederle
Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur »Philosophie und Ästhetik«
Teilnehmende: Thomas Biebricher (Frankfurt), Jasmin Degeling (Paderborn), Franziska Dübgen (Münster), Lorenz Engell (Weimar), Sebastian Lederle (Weimar), Sulgi Lie (Berlin), Sophia Prinz (Zürich), Judith-Frederike Popp (Wien), Marc Rölli (Leipzig), Matthias Schloßberger (Frankfurt/Oder) Christiane Voss (Weimar)
Um Anmeldung wird gebeten unter sebastian.lederle[at]uni-weimar.de.
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