Bei einer am Montag, 22. Januar 2024, von Studierenden der Bauhaus-Universität Weimar organisierten Demonstration für Demokratie und gegen Faschismus gehörte neben Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow und Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora, auch Universitätspräsident Prof. Peter Benz zu den Rednern. Dr. Ulrike Kuch, Vizepräsidentin für gesellschaftliche Transformation, sprach am Samstag, 27. Januar 2024, bei einer Demonstration, organisiert vom AWO-Regionalverband Mitte-West-Thüringen e. V., die unter dem Motto »Für Demokratie – #WirGemeinsam« stand.
Sowohl die Rede von Prof. Peter Benz vom 22. Januar 2024 als auch von Dr. Ulrike Kuch vom 27. Januar 2024 können Sie hier nachlesen. Es gilt das gesprochene Wort.
22. Januar 2024
Guten Abend Weimar!
Ich freue mich, dass ich hier und heute zu diesem wichtigen Anlass sprechen darf. Unsere Studierenden, die Studierenden der Bauhaus-Universität Weimar, haben diese Demonstration organisiert und mich gebeten, einige Worte zu sagen.
Wenn ich mich so umschaue: es macht mir Hoffnung, wenn ich in diesen anspruchsvollen Zeiten sehe, wie viele von uns heute hierhergekommen sind, um persönlich ein Zeichen zu setzen. Ich sehe viele unserer Studierenden, viele unserer Mitarbeitenden und ich sehe vor allem viele Weimarer*innen.
Denn wir alle wollen mit Euch und mit Ihnen, mit der Stadtgesellschaft Weimars, mit allen Thüringer Mitbürger*innen in einer offenen, vielfältigen Gesellschaft leben, gemeinsam, in Freiheit, mit Freude, mit Erfolgen, ohne Angst, ohne Unterdrückung.
Lange Zeit schien uns das eine Selbstverständlichkeit. Doch die aktuellen politischen Entwicklungen zeigen: Die Demokratie muss immer wieder aufs Neue durch unser konkretes Handeln verteidigt werden. Freiheit ist ein dynamischer Zustand und will offensichtlich immer wieder neu errungen werden.
Gerade wir, die Bauhaus-Universität Weimar, wissen das.
Einen großen Teil unseres Selbstverständnisses ziehen wir aus dem Wirken des Staatlichen Bauhauses. Das Bauhaus in Weimar war Ort des Experiments, der Innovation, der Kreativität, des Fortschritts, des Glaubens an eine bessere Zukunft. Hier kamen vor über 100 Jahren Menschen aus aller Welt zusammen, die etwas völlig Anderes, etwas radikal Neues ausprobieren wollten. Die Ergebnisse muteten in der damaligen Zeit manchmal seltsam und skurril an und waren oft schwer zu verstehen. Und nicht alle fanden das gut.
Trotzdem wurde es zugelassen, und heute wissen wir, welche wichtigen Impulse für die Kunst, das Design und die Architektur, für das Ingenieurwesen, für die Pädagogik und für die Gesellschaft vom Bauhaus ausgegangen sind.
Und wir wissen auch, wie es weiterging. Das Bauhaus musste sich von Anfang erst für seine Existenz rechtfertigen, dann sich verteidigen und schließlich gehen. In einem der ersten Länder Deutschlands übernahmen in Thüringen seit 1924 sukzessive die Rechten die Macht. 1925 musste das Bauhaus Weimar verlassen; nur 12 Jahre später, 1937, wurde Buchenwald gebaut.
Es ist traurig und schwer einzusehen, dass wir anscheinend heute – genau 100 Jahre später – wieder an derselben Stelle zu stehen scheinen. Und deshalb muss unsere Geschichte uns eine Mahnung sein: Nie wieder ist jetzt!
Wir alle, die wir uns heute versammelt haben, sind hier, um zu bleiben. Und um unsere Demokratie, unsere Freiheit, unsere Lebensart zu verteidigen.
Denn nur in einem pluralistischen, gleichberechtigten Umfeld kann jede und jeder von uns die eigenen Talente entwickeln und vervollkommnen. Nur in einer frei gestaltbaren Umgebung können Fantasie und Kreativität gedeihen; nur so können wir an Lösungen für aktuelle und zukünftige Probleme arbeiten – zu unser aller Wohl.
Deswegen stehen wir als Bauhaus-Uni dafür ein, dass Weimar für Freiheit, Offenheit, Diversität und Internationalität steht. Wir freuen uns über jeden Menschen, der zu uns kommt. Was wir nicht akzeptieren werden, sind Hass, Ausgrenzung, Diskriminierung sowie die Versuche, Menschen unterschiedlicher Herkünfte, Ansichten und Neigungen gegeneinander auszuspielen und damit unsere gesellschaftlichen Grundwerte zu untergraben.
Weimar ist ein weltoffener, toleranter Ort der Begegnung und des Austausches – und wird es bleiben.
Ich freue mich, so viele Menschen heute hier zu sehen, die diese Stadt und dieses Land auch zukünftig weltoffen gestalten wollen. Demokratie lebt von aktiver Beteiligung. Lassen Sie uns gemeinsam für unsere Grundwerte einstehen und kämpfen. Lassen Sie uns unbedingt im Gespräch bleiben, denn Demokratie lebt vom Miteinander-reden, vom Dialog. Wir müssen durch unser Beispiel zeigen, dass Solidarität, Gemeinsinn, das Einstehen für Schwächere, dass Mut, Neugier und Zuversicht die besseren Alternativen sind.
Ich danke Ihnen.
Weimar, 27. Januar 2024
Guten Tag.
Mein Name ist Ulrike Kuch, ich bin Vizepräsidentin der Bauhaus-Universität Weimar.
Dass ich am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus hier spreche und mich für die Demokratie stark mache, zeigt die besondere Verantwortung, die wir als Bauhaus-Universität Weimar haben.
Die Geschichte unserer Universität ist eng mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus und der Shoah verbunden. Das Bauhaus wurde von rechten Kräften aus Weimar vertrieben, viele Bauhäusler*innen mussten schließlich Deutschland verlassen, wurden eingesperrt oder sogar ermordet. Auf das Bauhaus folgte Buchenwald.
Ich möchte deshalb gleich zu Anfang die Notwendigkeit von Vielfalt, von Weltoffenheit, von Toleranz und von Freiheit in unserem Zusammenleben unterstreichen – auch wenn dies natürlich heute schon vielfach gesagt wurde, kann es nicht oft genug gesagt werden.
Auch und gerade aus Sicht der Bauhaus-Universität ist eine offene, demokratische Gesellschaft die unbedingte Voraussetzung für unsere Wissenschaft und Kunst, unsere Forschung und Lehre.
Denn:
Um aber tatsächlich einen Mehrwert aus der Freiheit, der Vielfalt ziehen können, dürfen wir den Dialog nicht aufgeben.
So lange wir konstruktiv und zugewandt miteinander reden, besteht immer auch die Möglichkeit, dass wir uns inspirieren und voneinander lernen. Das Gespräch, die Diskussion, der Streit zeichnen gerade auch die universitäre Kultur aus.
Auch im Streiten für die Demokratie geht es nicht um »die Guten« und »die Bösen«, um Schwarz-Weiß-Malerei, wie es manche Social Media-Posts nahe legen. Denn genau diese holzschnittartige Sichtweise ist es, die den Gesprächsanfang unmöglich macht und den Dialog verstummen lässt. Man muss nicht immer einer Meinung sein, um zueinander zu finden – und ich bin mir sicher, dass auch wir hier nicht in allen Fragen die gleichen Ansichten haben. Aber eindimensionale Unterstellungen polarisieren, nähren Vorurteile. Gerade als Universität stehen wir für einen sach-orientierten und differenzierenden Austausch der Argumente.
Darin liegt auch unsere Verantwortung für die Gesellschaft. Wir sind eine unabhängige Institution, wir haben (noch) die Freiheit, Fragen zu stellen, sie zu untersuchen, abzuwägen und unsere Erkenntnisse in die Gesellschaft hineinzutragen und zu diskutieren. Diese Freiheit ist für uns existentiell. Genau deshalb sind wir heute hier.
Bei all dem ist klar: Wir werden einen langen Atem brauchen. Und wir müssen an vielen Stellen für unsere Überzeugung eintreten – nicht nur hier und heute, sondern auch im Studium, bei der Arbeit, manchmal sogar in der Familie. Deshalb ist meine Bitte: Bleiben Sie stark! Bleiben Sie miteinander im Gespräch! Haben Sie Neugier, Mut und: Bleiben Sie zuversichtlich!
Vielen Dank.
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