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Revision as of 20:56, 20 January 2011
Textarten und Lesemotivation
Adrian Frutiger unterscheidet drei grundsätzliche Textarten, die eine sehr unterschiedliche Lesemotivation mit sich bringen (AFG 107ff):
- Handschriftliche Texte (schlecht lesbar aber hohe Lesemotivation, da privater Inhalt)
- Zweckschriften (z.B. Brief vom Finanzamt; mittel lesbar aber gehobene Lesemotivation, da persönlich relevanter Inhalt)
- Typografische Textschriften (z.B. Zeitung, Buch; gut lesbar aber evtl. niedrige Lesemotivation, da unpersönlicher Inhalt)
Terminologie
Schrifttypen
- Antiqua
- Venezianische Renaissance-Antiqua
- Französische Renaissance-Antiqua
- Barock-Antiqua
- Klassizistische Antiqua
- Serifenbetonte Linear-Antiqua (Egyptienne)
- Serifenlose Linear-Antiqua (auch Sans-Serif oder Grotesk)
- Handschriften
- Gebrochene
- Fremde / Nicht-lateinische
Fach- bzw. Typografische Begriffe
- MAJUSKEL, minuskel
- Versalie:Ein Großbuchstabe
- Kapitälchen: Buchstaben, so groß wie Miniskeln in der Form von Majuskeln. Die automatisch erzeugten Kapitälchen passen in der Strichstärke nicht zu den anderen Buchstaben der Schrift; echte Kapitälchen sind ein eigener Schriftschnitt!
- Punze
- Serife:Endstriche an Buchstaben in Schriften wie Garamond oder Times
- Sans-Serif:Groteskschrift/ohne Serifen (sans=ohne)
- Slab-Serif:Dicke, oft blockartige Serifen (Beispiel-Font:Rockwell)
- Ober- / Unterlänge, Mittellänge
- Dickte (Breite des Kegels, s. Grafik Abmessung c)
- Schriftfamilie oder -Sippe, Schnitt (echte und falsche Schnitte)
- Ligaturen (Zusammengezogene Zeichen: ß, fi, œ, æ ...)
- Flatter-, Blocksatz, links- & rechtsbündig, zentriert
- Zeilenfall
- Zeilenumbruch, erzwungener Zeilenumbruch
- Absatz
- Tabulator
- Laufweite:Abstand zwischen den Buchstaben (Unterschneiden, S p e r r e n)
- Wortabstand
- Zeilenbreite
- Zeilenhöhe
- Durchschuss (Raum zw. Unter- und Oberlängen)
- Geviert (Em), Fleisch
- s. Grafik: d im Rechteck ergibt 1 Geviert.
- Üblich auch 3/4, 1/2 oder 1/4 Geviert, vgl. Trenn- und Gedankenstrich!
- Brotschrift
- Hurenkind / Schusterjunge
- Hurenkind: Letzte Zeile auf neuer Seite/Spalte
- Schusterjunge: Neue Zeile auf letzter Seite/Spalte
- „Ein Hurenkind weiß nicht wo es herkommt, ein Schusterjunge nicht wo er hingeht“
- Leiche (verloren gegangene Zeichen)
- Gasse (Weißraum in Spalte, untereinander)
- Zwiebelfisch (Zeichen in falscher Schriftart)
- Blindfisch (Falsch abgelegter Letter wird aus Versehen gesetzt)
- Apostrophitis, auch Deppenapostroph oder Idiotenapostroph (Bahnhof's Gaststätte — siehe auch: Zwiebelfisch auf Spiegel Online)
Weitere Informationen
- typografie.info
- Die Geschichte der Typografie
- Anatomie der Schrift - freies DIN A1 Typo-Poster
Regeln
- Lesbarkeit!
- Keine Schrift verzerren!
- Mindestens sieben Wortzwischenräume für den Blocksatz!
- Headline und Aufzählungen nie im Blocksatz!
- Nie mehr als drei Schriftarten!
- Zeilenabstand immer größer als der Wortabstand!
- Nicht mehr als drei Trennstriche!
- Ein Trenn- oder Bindestrich ist kein Gedankenstrich!
- keine Zoll (Inch) Zeichen anstelle von Anführungszeichen verwenden!
Schrift-Klassifizierung nach DIN 16518
Venezianische Renaissance-Antiqua
- ca. 1400-1485, z.B. Jenson, Centaur, Schneidler Mediaeval, ...
- Schreibfeder: relativ geringe Strichstärkenunterschiede
- Abgerundete Serifenenden
- Geneigte Schattenachse
- Schrägstellung des Querstrichs des kleinen „e“
Französische Renaissance-Antiqua
- ca. 1485-1600, z.B. Garamond, Bembo, Minion, Stone Serif, Warnock, ...
- Schreibfeder: geringe Strichstärkenunterschiede
- Abgerundete Serifenenden, etwas spitzer als die Venezianische
- Geneigte Schattenachse
- Gleichmäßige Buchstabenformen
- Querstrich des „e“ nun fast waagrecht
- Charakteristischer Kursivschnitt
- Hervorragende Leseeigenschaften, oft in Romanen und längeren Lesetexten eingesetzt
Barock-Antiqua
- ca. 1600-1760, z.B. Janson, VanDijk, Caslon, Baskerville, Times, ...
- Gedrehte und verkantete Breitfeder: größerer Kontrast zwischen Grund- und Haarstrichen
- Eckigere Serifenenden, fast keine Rundung mehr; flache, fast ebene Serifen
- Beinahe senkrechte Schattenachse
- Waagrechter „e“-Strich
- „Übergangs-Antiqua“, auch "Vorklassizistische" Antiqua genannt
Klassizistische Antiqua
- ca. 1760-1830, z.B. Bodoni, Didot, Walbaum, ...
- Spitzfeder: extremer Strichstärkenunterschied
- Sehr dünne, haarfeine Serifen
- Senkrechte Schattenachse, vertikale Orientierung
- Problematisch im Zeitungsdruck
Serifenbetonte Linear-Antiqua
- auch „Egyptienne“, „Slab-Serif“ oder „Square-Serif“ genannt
- ca. 1830-1890, z.B. Officina, Clarendon, Rockwell, „Typewriter“, ...
- Gleichmäßige Strichstärken der Auf- und Abstriche
- Betonte Serifen, wenig Kontrast zwischen Serife und Type
Serifenlose Linear-Antiqua
- auch „Grotesk“, „Sans-Serif“ genannt
- seit ca. 1830, z.B. Helvetica, Caslon, Bauhaus (1925), Futura (1928), Univers, Gill Sans, ...
- Serifenlos
Antiqua-Varianten
- z.B.:
- um 1900: Eckmann... (Jugendstil)
- um 1930: Broadway... (Art Déco)
- um 1950/60: Bank Gothic, Alternate Gothic, Trump Grothic, Dom, Antique Olive...
- um 1970: Avant Garde, Souvenir, Tiffany...
- um 1980: Chicago (Mac OS)
- um 1990: Blur, Arcadia...
Handschriftliche Antiqua & Schreibschriften
- laut DIN eingeordnet in Gruppe VIII Schreibschriften und Gruppe IX Handschrifen
- vgl. auch Lesemotivation
Gebrochene Schriften
- Fraktur
Fremde Schriften
- z.B. Chinesisch, Arabisch, Indisch, Kyrillisch, Griechisch, Hebräisch...
Ressourcen
Schriften
Offene (freie) Schriftarten
- wikipedia:Liberation fonts
- Open Font Library
- GNU FreeFont
- SIL International Open Font License
- Ubuntu Font
- Google webfonts
- 11 Open Source Fonts
Freeware Schriftarten
Bitte Lizenzbedingungen beachten, im Einzelfall kann es sein, dass das Herunterladen zwar kostenlos, deren (kommerzielle) Verwendung es jedoch nicht ist!
Kommerzielle Schriftarten
Shops
Font Foundries
- exljbris Font Foundry einige Schnitte sind kostenlos
- SMeltery einige Schriften sind kostenlos
- Fontfabric einige Schriften sind kostenlos
- House Industries
- Linotype
- Hoefler & Frere-Jones
- Adobe
Diese Seite ist Teil der Werkmodule Bauhaus-Vorkurs, Grundlagen der Mediengestaltung und Generative Bauhaus von Michael Markert für Interface Design an der Bauhaus-Universität Weimar.