BILDER ATLAS
Das visuelle Gedächtnis einer Familie
1928 bis 1986
In dem Moment wo eine Fotografie entsteht, kommt die Zeit zur Ruhe und der Fotograf konserviert einen besonderen Augenblick für die Ewigkeit.
Was am Ende aber davon übrig bleiben wird, sind Erinnerungen die immer mehr verblassen und schließlich ganz verloren gehen. Die Menschen auf den Fotos werden zu Unbekannten.
Anhand von Bildern die meiner eigenen Familiengeschichte entstammen und jahrelang, von niemand mehr beachtet, auf dem Dachboden standen, möchte ich den Versuch wagen mir diese Erinnerungen wieder zurück ins Gedächtnis zu rufen und dadurch vor der Vergänglichkeit zu schützen.
Aus diesen fotografischen Erinnerungen, die von vielen Generationen gesammelt wurden, wird das visuelle Gedächtnis meiner ganzen Familie im Wandel der Jahre. Durch Wiederholung von Handlungen, Situationen, Menschenanordnungen oder der Wahl eines bestimmten Fotomotives, kann erkannt werden wie die Menschen damals lebten. Und vor allen was für sie von Bedeutung war. Außerdem ist für mich wichtig zu erkennen welche Muster sich von den frühen Jahren bis in meine Generation hineingezogen haben. Wie bin ich zu dem geworden, der ich heute bin. Existieren Parallelen von damals zu heute, die mich geprägt haben? Wer bin Ich?
Das entstandene Buch ist in zwei Teile unterteilt. Im ersten Teil entstanden 22 Tafeln zur Mustererkennung im Bildarchiv.
Bei Aufräumen des Dachbodens sind mir schon vor einiger Zeit Kartons ins Auge gefallen, die voller Bilder waren. Angefangen mit der Familie meiner Ururgroßeltern,und den Anfängen der privaten Fotografie und mit den ersten Kleinbildkameras, durchschritten die Bilder die Jahre bis zu meiner Geburt. Schade ist, dass solche Schätze nur mütterlicherseits vorhanden sind. Trotzdem kam sofort die Frage auf ob ich anhand dieser Bilder erkennen kann wie ich zu dem geworden bin der ich heute bin. Und ob der Einfluss der Familie mehr durch den Umgang miteinander und das Vorleben der Eltern und Großeltern geschieht oder durch die Gene. Gerade deswegen ist die Tatsache, dass in meiner Kindheit schon sehr früh der Kontakt zu meinem Vater abgebrochen war, sehr wichtig. Der Einfluss der Familie väterlicherseits war demnach kaum vorhanden.
Um Herr über die große Menge an Bildern zu werden überlegte ich mir ein Ordnungssystem, nach dessen Merkmalen ich die Bilder in Gruppen einteilte und somit gleich für die spätere Archivierung vorbereitete. Dabei suchte ich nach einer inhaltlichen Verbindung, nach gleichen Objekten im Bild oder Merkmalen die sich immer wiederholen, um einen ersten Anhaltspunkt zu haben. Die Gruppen die dabei entstanden untersuchte ich ebenfalls nach Zusammenhängen.
Gibt es Fäden die sich bis zu mir weiterspinnen lassen? Oder wird jede Generation nur durch ihr Umfeld und ihre Zeit bestimmt, und nicht so sehr durch ihre Eigenschaften die sie immer wieder von der letzten Generation weiter gegeben bekommen?
Im zweiten Teil entstanden auf weiteren 11 Tafeln Geschichten die das Leben schrieb. Der Mensch ist ständig auf der Suche nach Zusammenhängen. Er besitzt die Fähigkeit von einem Detail auf das Ganze schließen zu können und dabei die verschiedensten Geschichten entstehen zu lassen. Zwischen völlig verschiedenen Bildern entsteht plötzlich ein Zusammenhang der eigentlich gar nicht da ist. Das passiert besonders, wenn wir die dargestellten Menschen überhaupt nicht kennen. Denn dann fehlen uns die Hintergrundinformationen die helfen das Bild wahrheitsgemäß einzuschätzen. Diese Fähigkeit nehme ich mir hier zur Hilfe und erschaffe im Kopf des Betrachters Geschichten in Bildern, indem ich sie in einen Zusammenhang stelle. Die Menschen auf den Bildern leben auf diese Art immer weiter, selbst wenn sie schon zu Unbekannten geworden sind. Sie werden unsterblich.