182
edits
m (→Installation) |
m (→Hintergrund) |
||
Line 23: | Line 23: | ||
Das Smartphone: | Das Smartphone: | ||
Moderne Smartphones bieten vielfältige sensorische Schnittstellen | Moderne Smartphones bieten vielfältige sensorische Schnittstellen zur Wahrnehmung und Interaktion mit ihrer Umgebung. Zudem sind sie die am [https://gs.statcounter.com/platform-market-share/desktop-mobile-tablet/worldwide häufigsten genutzte] und wohl intuitivste Mensch-Maschinen-Schnittstelle. | ||
Durch ihre sensorische Vielfalt ist nicht nur die Vernetzung zu anderen Endpunkten des Internets, sondern auch zu ihrer physischen Umwelt möglich. Dabei werden sowohl physikalische Größen wie Temperatur, Ton, Erdbeschleunigung | Durch ihre sensorische Vielfalt ist nicht nur die Vernetzung zu anderen Endpunkten des Internets, sondern auch zu ihrer physischen Umwelt möglich. Dabei werden sowohl physikalische Größen wie Temperatur, Ton, Erdbeschleunigung oder Lichtintensität als auch verschiedene digitale Schnittstellen wie Bluetooth, WLAN oder das Funknetz gemessen. Ein Großteil dieser Sensoren wurde im Laufe der Jahre zur Standartausstattung der Geräte, um bestimmte anwendungsspezifische Funktionen zu erfüllen, so in etwa ein Distanzsensor, um zu erkennen, ob das Smartphone gerade an die Ohrmuschel gehalten wird. Die Nutzung ist aber nichtmehr nur auf diese Funktionen beschränkt. So werden Sensordaten vom Gerät gesammelt, und auch Applikationen von Drittanbietern können auf die Sensoren zugreifen. | ||
Ein Großteil dieser Sensoren | |||
Manche dieser Schnittstellen zur Außenwelt wie WLAN oder Bluetooth arbeiten kontinuierlich und selbstständig im Hintergrund | Manche dieser Schnittstellen zur Außenwelt wie WLAN oder Bluetooth arbeiten kontinuierlich und selbstständig im Hintergrund, beispielsweise, um nach Netzwerken in der Umgebung der Geräte zu suchen. Zu sehen ist dies am Beispiel der Corona-Warn-App; hier wird der Bluetooth-Standard verwendet, um von den in der Umgebung vorhandenen Smartphones auf die Präsenz anderer Menschen zurückzuschließen. Im Rückschluss bedeutet dies, dass in der gesellschaftlichen Wahrnehmung das Smartphone mittlerweile ein essentieller Teil unserer menschlichen Präsenz geworden ist. Das Smartphone wird als individueller Gegenstand untrennbar mit unserer Persönlichkeit verknüpft. | ||
Zu sehen ist dies am Beispiel der Corona-Warn-App | |||
Im Rückschluss | |||
Line 36: | Line 33: | ||
Über die Entität des Menschen: | Über die Entität des Menschen: | ||
Der Mensch ist, wenn es unter anderem nach dem französischen Philosophen Bernard Stiegler geht, ein | Der Mensch ist, wenn es unter anderem nach dem französischen Philosophen Bernard Stiegler (1952-2020) geht, ein blindes, unvollständiges - ein frühzeitig geborenes Wesen – in der griechischen Mythologie nach Platon dadurch dargestellt, dass Epimetheus bei der Erschaffung der Lebewesen keine Gaben, keine Eigenschaften mehr für den Menschen übrig hatte. Erst durch den Diebstahl des Feuers und der Weisheit durch Prometheus, wurde der Mensch zu einer Entität, einem sehenden Wesen. | ||
»Um einer zu werden, musste er negieren, was er war, indem er seinem Körper eine Prothese hinzufügte.« — Roberto Calasso | »Um einer zu werden, musste er negieren, was er war, indem er seinem Körper eine Prothese hinzufügte.« — Roberto Calasso (geb. 1941). | ||
Während Platon bereits die Schrift als problematische Gedankenprothese kritisierte, hat das Verhältnis von Mensch und Prothese (und die Kritik daran) mit den fortlaufenden Jahrhunderten der Kulturgeschichte nur an Komplexität gewonnen. Heute sind unsere Werkzeuge, Gegenstände, Maschinen, Konsumgüter | In der Frage nach der menschlichen Identität spielen demnach Bewusstsein und Zeitobjekte eine unbestreitbare Rolle. Vom Faustkeil über die Schrift zur Fotografie, bis zum Telefon und Internet: Prothesen, die das generationenübergreifende, kollektive Gedächtnis und damit die menschliche Geschichte darstellen — Werkzeuge, Gegenstände, Dinge. | ||
Während Platon bereits die Schrift als problematische Gedankenprothese kritisierte, hat das Verhältnis von Mensch und Prothese (und die Kritik daran) mit den fortlaufenden Jahrhunderten der Kulturgeschichte nur an Komplexität gewonnen. Heute sind unsere Werkzeuge, Gegenstände, Maschinen, Konsumgüter längst nicht mehr nur Gedankenstützen, Verlängerung und Verbesserungen menschlicher Organe und Gliedmaßen, sondern alles zusammen und noch viel mehr — Teile komplexer gesellschaftlicher Systeme. Unsere Prothesen haben sich zu (für den Einzelnen) immer unüberschaubaren Konstrukten mit Eigendynamik entwickelt, welche dennoch untrennbar und unverzichtbar mit unserem Leben verknüpft sind. | |||
Besonders sichtbar geworden, ist diese komplexe, wechselseitig-elastische Beziehung zwischen Mensch und Prothese noch einmal in den letzten zwei Jahrzehnten. Smartphones, unsere immer greifbaren Universalprothesen zwischen Analogem und Digitalem, haben unser alltägliches Leben, unsere Gesellschaft maßgebend verändert. Immer mehr sind die Prothesen also auch Teil von uns geworden. | Besonders sichtbar geworden, ist diese komplexe, wechselseitig-elastische Beziehung zwischen Mensch und Prothese noch einmal in den letzten zwei Jahrzehnten. Smartphones, unsere immer greifbaren Universalprothesen zwischen Analogem und Digitalem, haben unser alltägliches Leben, unsere Gesellschaft maßgebend verändert. Immer mehr sind die Prothesen also auch Teil von uns geworden. | ||
In unserer Arbeit wollen wir diese Entität der Präsenz aus Mensch und Prothese betrachten und betrachten lassen | In unserer Arbeit wollen wir diese Entität der Präsenz aus Mensch und Prothese betrachten und betrachten lassen, doch nicht aus anthropologischer Sicht, sondern möglichst neutral, aus der Sicht unserer Prothesen auf uns. Ein Becken voller Farbe wird Behälter unserer Identität/Präsenz, bestehend aus Wellen, welche eine andere als die sichtbare Ebene der Wirklichkeit darstellen. | ||
edits