Ein Vortrag von Matthias Breuer im Projekt Bild zu Ton, Ton zu Bild
Allgemein
Synästhesie kommt aus dem griechischen Syn = zusammen und aisthésis = Empfindung. Unter Synästhesie versteht man allgemein die Wahrnehmung zweier oder mehrerer Sinnesreize bei der Erregung nur eines Sinnes z.B. Farbensehen beim Musikhören. Sie sind nicht an die fünf Hauptsinne gebunden sondern es können z.B. auch Gefühle oder abstrakte Begriffe (z.B. Jahreszahl) synästhetische Empfindungen hervorrufen.
Es wird zwischen sensorischer und kognitiver Synästhesie unterschieden:
„Bei der sensorischen Synästhesie kommt es bei der Stimulation eines Sinnes zu unwillkürlichen und gleichzeitigen synästhetische Empfindungen in anderen Sinnessystemen. Beispielsweise kann der Klang eines Musikinstrumentes zu Farbwahrnehmungen führen. Bei der kognitiven Synästhesie erhalten Gruppen von Dingen (zum Beispiel Zahlen o. Buchstaben) sensorische Zuordnungen, wie Geruch und Geschmack. So wird zum Beispiel der Buchstabe A pink, der Buchstabe B blau oder der Buchstabe C grün wahrgenommen.“ [1]
Synästhesie in der Kunst
Die Synästhesie spielt für die Kunst eine wichtige Rolle. Einerseits besitzen viele Künstler diese Gabe, andererseits ist es immer wieder ein Anliegen der Kunst mehr als einen Sinn anzusprechen. Es ist also nicht verwunderlicht das schon oft versucht z.B. Musik in Bildern darzustellen, aber auch in der Lyrik der Romantik finden sich viele Beispiele für das Vermischen der Sinnesebenen. Die Synästhesie ist eng verbunden mit der Idee des Gesamtkunstwerks.
Wassily Kandinsky
Wassily Kandinsky (*4.12.1866 †13.12.1944) war ein Russischer Maler. Er gilt als Begründer der Abstrakten Malerie und lehrte von 1922 bis 1933 am Bauhaus. Kandisky selbst war Synästhet aber auch Anhänger der Theosophie in welcher er eine spirituelle Erklärung für sein Farbenhören fand, was sein Werk entscheidend prägte.
Kandinsky ging von der Synästhesie (Verschmelzen verschiedener Sinneseindrücke) aus und ordnete den Farben verschiedene andere Sinneseindrücke zu, der Farbe Blau bspw. die Eigenschaften „weich“ und „aromatisch“, der Farbe Gelb hingegen „scharf“ und „stechend“.[2]
Der Punkt ist Urelement, Befruchtung der leeren Fläche. Die Horizontale ist kalte, tragende Basis, schweigend und „schwarz“. Die Vertikale ist aktiv, warm, „weiß“. Die freien Geraden sind beweglich, „blau“ und „gelb“. Die Fläche selbst ist unten schwer, oben leicht, links wie „Ferne“, rechts wie „Haus“[3]
Olivier Messiaen
Olivier Messiaen (*10.12.1908 †24.04.1992) war ein französischer Komponist und Organist. Messiaens Synästhesie äusserte sich in der Form, dass er Farben sah wenn er bestimmte Harmonien hörte. Diese Eigenschaft nutze er in seinen Werken, indem er Kombinationen dieser Farben in seinen Kompositionen verwendete. Ausserdem entwickelte er ein Werkzeug zur Komposition, das er Modi mit begrenzten Transpositionsmöglichkeiten nannte.
Des Canyons aux étoiles
In Des Canyons aux étoiles[4] (Von den Schluchten bis zu den Sternen) nutzt er diese Technik um den Bryce Canyon in den USA musikalisch zu beschreiben. Den siebten Satz, der Bryce Canyon et les Rochers Rouge-Orange (Bryce Canyon und die orange-roten Felsen) heisst, beschreibt Messiaen wie folgt:
As a Steller's jay flies over the canyon, his belly, wings and long tail are blue; the blue of his flight and the red of the rocks takes on the splendor of Gothic stained-glass windows. The music of this composition attempts to reproduce these colors.
For the Steller's jay, chords with "contracted resonance" (red and orange) ... Chords with "transposed inversions" (yellow, mauve, red, white and black) render the color of the rocks ... Next, polymodality superimposing the three 4-mode (orange-colored with red stripes) to the six 2-mode (brown, reddish, orange-colored, purple) bring to a fortissimo conclusion the sapphire blue and orange red rocks.[5]
David Hockney
David Hockney (*9.07.1937) ist ein Englischer Künstler. Er entwarf einige Bühnenbilder bei denen er seine Synästhesie für die Gestaltung nutzte. So entwarf er die Bühnenbilder für die drei Strawinski Werke Le sacre du printemps, Le Rossignol, und Oedipus Rex indem er beim malen die Musik immer wieder und wieder hörte und das was er dabei sah umsetzte.
REC: You say that you actually paint while the music is playing.
DH: It's very hard to describe because it's ineffable. With the Ravel's tree music, for example, I remember drawing the lines fo the tree to the music because it had a weight. You know how a tree has a volume and a weight. I drew it during the music.
For Rossignol and the others it was the same. When I'm working on it I will play the music constantly. Normally when I work I do not work to msuic. I don't like it as a background because you find you either listen or you don't. It could be trashy music—a little ballet or something, Swan Lake—where you would't be too distracted. But I couldn't, because I would lose the lines of what I was drawing at the moment[6]
Literatur
- Maur, Karin von Vom Klang der Bilder: die Musik in der Kunst des 20. Jahrhunderts ISBN 3-7913-0727-4
- Cytowic, Richard E. Synesthesia: a union of the senses ISBN 0-262-03296-1
- Cytowic, Richard E. Farben hören, Töne schmecken : die bizarre Welt der Sinne ISBN 3-929029-38-3
- Adler, Hans Synästhesie: Interferenz - Transfer - Synthese der Sinne ISBN 3-8260-2244-0
- Schawelka, Karl Farbe: warum wir sie sehen, wie wir sie sehen ISBN 3-86068-314-4
Links
- Synästhesie auf Wikipedia
- Deutsche Synästhesie-Gesellschat e.V.
- Synästhesie, Design, Kunst und Musik
- Klangbilder
- Synästhesie -- Vernetzung der Sinne
- Farben hören, Formen schmecken
- Synästhesie-Links und -Literatur
- David Hockney
- Boston University Olivier Messiaen Project
- Richard Cytowic
- Farbenklavier
- Bauhaus Vorkurs
- „Das Leuchtende ist immer auch das Klingende“
- Famous Artists Gallery: Wassily Kandinsky
- Artikel auf Spiegel Online