Bauhaus.Listening.Workshop #3 - Johannesburg

 

Das Radiohören im südlichen Afrika ist stark mit indigenem Hören verwoben. Die Geschichte des Radios in dieser Region ist geprägt vom Einfluss von Guerilla Radios, u.a. in den Unabhängigkeitskämpfen, bis zu älteren Techniken der Telekommunikation durch Musik. Der von Masimba Hwati kuratierte Workshop wird von Nathalie Singer, Professorin für Experimentelles Radio, geleitet, mit Unterstützung des Goethe-Instituts Johannesburg und Frederike Moormann.

»In den meisten Teilen des südlichen Afrikas wird das Zuhören mit anderen geteilt, d.h. mit den Vorfahren, mit anderen Gegenwärtigen und mit solchen, die noch nicht geboren sind. Zuhören bedeutet auch, dass alle Materie ein Ohr (Empfänger) oder ein Mund (Sender) hat oder haben kann. Sogar die Zunge kann ein Ohr sein, ein Apparat des Empfangens und Zuhörens, aber auch mit der Fähigkeit zu klingen und zu schwingen. Wie können diese kulturellen Formen des Hörens heute angewandt und bewahrt werden und welchen Platz nimmt das Radio dabei ein?«, formuliert Masimba Hwati in seinem kuratorischen Statement.

Unter den Gästen sind Forschende wie der Rundfunkexperte Sekibakiba Peter Lekgoathi, dessen Vorstellung seines Buches »Guerilla Radios in Southern Africa« einen wichtigen Beitrag zur Debatte rund um Radionutzung im südlichen Afrika leistet. Aber auch Kurator*innen, wie Aino Moongo, die die Ausstellung »Stolen Moments« kuratiert hat, in der die namibische Musikgeschichte neu erzählt wird, und Musiker*innen wie Fernando Damon, Radiomacher*innen wie Cynthia Marangwanda und Radiogründer wie Ntone Edjabe (Panafrican Space Station) nehmen am Workshop teil. Transkultureller Austausch zu diversen Praktiken des Zuhörens und oralen Traditionen spielen eine Rolle in Beiträgen zum Musikinstrument Mbira von Reginald Tinavapi oder zu den rituellen Malopo-Tänzen von Duduzile Mazuku, aber auch in Archiv-Sessions wie dem von Nickita Maesala im »Museum of Things we Forgot to Remember« und einer Aktivierungen von Archivmaterialien in gemeinsamen Jam Sessions. 

Das Projekt zielt darauf ab, einen Raum zu schaffen, der es Teilnehmer*innen aus verschiedenen Kontexten ermöglicht, ihre Erfahrungen, Herausforderungen und Werkzeuge für eine kooperative Organisation auszutauschen. Im Zentrum steht daher die Frage nach der Verantwortung der Kulturtechnik des Zuhörens für kommende Gesellschaftsformen und die Entwicklung neuer Modelle für unsere akustischen Medien der Zukunft.

Die Workshop- und Forschungsergebnisse werden auf einer neuen Wissensplattform, der »Transcultural Listening Map« gesammelt und liefern wiederum das Ausgangsmaterial für eine Podcast-Reihe auf Deutschlandfunk Kultur und für Produktionen der beteiligten Länder. Das Haus der Kulturen der Welt in Berlin plant anlässlich des Jubiläums »100 Jahre Radio« im Oktober 2024 eine Veranstaltung, in der künstlerische und diskursive Positionen rund um das Projekt präsentiert werden.

»Listening to the World – 100 Jahre Radio« ist ein Projekt des Goethe-Instituts, der Professur »Experimentelles Radio« an der Fakultät Kunst und Gestaltung der Bauhaus-Universität Weimar, Deutschlandfunk Kultur und dem Haus der Kulturen der Welt.

Es wird gefördert durch das Goethe-Institut sowie über das Projekt »Neues Europäisches Bauhaus« der Bauhaus-Universität Weimar. Die Entwicklung der »Transcultural Listening Map« wird vom Kreativfonds der Bauhaus-Universität Weimar gefördert.

Bauhaus.Listening.Workshop #3
17. bis 22. März 2024
Goethe-Institut Johannesburg

Teilnehmende: 
Aerosol-Tinofireyi Zhou (Zimbabwe)
Aino Moongo (Deutschland / Namibia)
Cynthia Marangwanda (Zimbabwe)#
Fernando Damon (Südafrika)
Kim Karabo Makin (Botswana)
Mazuku Duduzile (Südafrika)
Naledi Chai (Südafrika)
Nesindano Namises (Namibia)
Nickita Maesela (Südafrika)
Reginald Tinavapi (Zimbabwe)
Sekibakiba Peter Lekgoathi University of the Witwatersrand, (Südafrika)
Siviwe James (Südafrika)
Tendayi Chakanyuka (Zimbabwe)
Ntone Edjabe Panafrican Space Station / Chimurenga, (Südafrika) (online)
Aaron Peters The Other Radio, (Südafrika) (online)

Nathalie Singer ist Professorin für Experimentelles Radio an der Bauhaus-Universität Weimar, arbeitet als Radiokünstlerin, Produzentin und Kuratorin, hat für verschiedene Medien komponiert und publiziert über Klangkunst. Sie war Dramaturgin in der Hörspielabteilung von Deutschlandradio Kultur, wo sie neue Radiotheaterformate (Wurfsendung) entwickelte. Ihre aktuelle künstlerische Forschung konzentriert sich auf die Entwicklung von Radiokunstarchiven und deren künstlerische Vermittlung (Wanderausstellung Radiophonic Spaces). Aktuell hat sie den Bauhaus.Listening.Workshop ins Leben gerufen und interessiert sich besonders für die Kulturtechnik des Zuhörens und deren Potential für die Gestaltung neuer Umgebungen.

Masimba Hwati wurde in Harare geboren, zwei Jahre nach der zweiten Chimurenga. In diesem Jahr veröffentlichte Juluka den Hit „Scatterlings of Africa“, der vor dem Hintergrund des brutalen Apartheidsystems in Südafrika Phantasien von exotischen Blicken weckte. Toto veröffentlichte ebenfalls Africa und Michael Jackson Human nature, die Bhundu Boys brachten die Single Uneshuwa here? Später im selben Jahr und im darauffolgenden Jahr startete die neue simbabwische Regierung den Völkermord Gukurahundi", eine ethnische Säuberung. Masimbas Arbeit beschäftigt sich mit Klang, Zuhören, Mikropolitik, Widerstand und Verhandlung. Er hat Projekte in Harare, Detroit, Johannesburg, Capetown, Blackburn, Wien, Weimar, South Carolina, Wien, Leeds und Nova Scotia realisiert.

Frederike Moormann ist Soundkünstlerin und künstlerische Forscherin. Sie absolvierte ihren BA in Physik an der LMU München und ihren MA in Philosophie und Geschichte am King's College London/ LMU München. Ihre forschungsbasierten und ortsspezifischen Klangarbeiten kreisen um Erinnerungskultur und Raumwahrnehmung. Sie co-kuratierte die Ausstellung + Radiosendung "Anybody out there?! - 100 Jahre Radio" in Leipzig, Deutschland. Ihre aktuelle künstlerische Forschung beschäftigt sich mit der Verwicklung von Telekommunikationsinfrastruktur in den Kolonialismus. Sie ist künstlerische Mitarbeiterin am Experimentellen Radio.

Goethe-Institut Johannesburg: www.goethe.de/ins/za/en/ueb.html

Verantwortlich:

Geleitet von: 
Nathalie Singer

und co-kuratiert von:
Masimba Hwati

Unterstützt und organisiert vom:
Goethe-Institut Südafrika und Frederike Moormann

Hier finden Sie das komplette Programm

Bauhaus.Listening.Workshops wollen die regionalen Unterschiede und Gemeinsamkeiten des Hörens auf verschiedenen Kontinenten herausarbeiten: u.a. in Südamerika, Südostasien und im südlichen Afrika widmen sich Künstler*innen, Forscher*innen, Medienschaffende und Hörer*innen aus den jeweiligen Regionen verschiedenen Fragen rund um das Hören als Kulturtechnik in seiner Vielfalt und seiner transkulturellen Vernetzungen.