Das Internet besteht grundsätzlich aus erstellten Seiten, die von allen Benutzern besucht werden können. Der Ersteller kann Informationen senden, jedoch nur indirekt, per E-Mail oder ähnlichem, Rückkopplung empfangen. Besucher der Seite können allerdings wiederum auf ihrer eigenen Seite Verknüpfungen zu der besuchten Seite anlegen und sich so auf diese beziehen und ihre Meinung darüber kundtun. Damit kann man aber erst seit dem Web 2.0, welches es grundsätzlich ermöglicht auch auf besuchten Seiten Rückkopplung und weiterführende Links zu hinterlassen, von einem Kommunikationsmedium im Sinne der zweiten und dritten Definition sprechen. Statische Seiten haben jedoch eine große Schnittmenge mit der Brechtschen Distributions-Definition, da sie Informationen lediglich verteilen.
Im Gegensatz dazu war das Telefon von Anfang an als Kommunikationsmittel konzipiert, wenn es auch zuerst nur lediglich zwei Personen miteinander verbinden konnte. Im oben bereits verwendeten Aufsatz von Flusser entwirft jener jedoch ein Szenario, welches das Telefon als potentielles Distributionsmittel sieht: Dazu betrachtet er ein Gespräch aus den verschiedenen Blickwinkeln von Anrufer und Angerufenen. Seiner Meinung nach zwingt der Sender dem Empfänger das Gespräch förmlich auf, von dem dieser in vielen Fällen überrascht wird und auf die Fragen des Anrufers antworten muss. Einweg-Telefone, die in hohen Regierungskreisen überall Verwendung finden sollen und die nicht angerufen werden können, sind somit nicht mehr innerhalb der Menge der Kommunikationsmedien nach der untersten Kommunikations-Definition.
Ein Fernseher wird dagegen auch heutzutage als Distributionsmedium angesehen, da er dem Empfänger keine oder nur kaum Möglichkeiten zur Rückkopplung bietet. Diese besteht aus der minimalsten Möglichkeit der Stimmabgabe, nämlich der Enthaltung1. Zusätzlich können noch in manchen Fernsehsendungen Zuschauer anrufen oder sich auf andere Wege beteiligen. Die einzige Möglichkeit somit aus dem Distributionsmedium Fernseher ein Kommunikationsmedium zu machen, läuft somit nach momentanem technischen Stand über andere technische Medien. Diese unterliegen allerdings, nach Meinung Enzensbergers (KMK2 S. 274), der grundsätzlichen Zensur durch die Sender des Fernsehprogramms.
Wie besonders an den ersten beiden Punkten zu sehen, ist die Einordnung als Distributions- oder Kommunikationsmedium nicht allein von der Definition der Begriffe, sonder auch von der Verwendung der Geräte abhängig.
Brecht geht in seinem Aufsatz grundsätzlich davon aus, dass das Radio an sich nicht unbedingt ein Distributionsmedium sein muss, sondern sich lediglich so entwickelt hat, da es ohne Daseinsberechtigung entstand und sich versuchte diese auf die unkreativste und damit einfachste Art zu beschaffen, nämlich indem es mit bereits Bestehendem konkurrierte (vgl. KMK S. 259).
Es sei seiner Meinung nach, wenn auch «[u]ndurchführbar in dieser Gesellschaftsordnung» (KMK S. 263), eine prinzipielle Möglichkeit das Radio darauf auszurichten, dass es seine Zuhörer, in einer dem epischen Theater ähnlichen Weise, bildet. Dazu müsse es darauf ausgelegt werden, die Fragen der Zuhörerschaft zu erfahren, konkret zu beantworten und diese Antwort allen zur Verfügung zu stellen.
Enzensberger gibt sich damit nicht zufrieden und sieht in den Medien das Potential die Massen beweglicher und freier zu machen (vgl. KMK S. 265). Er sieht auch die technische Grundlage zu dem Schritt zum Kommunikationsmedium, denn «[j]edes Transistorradio ist, von seinem Bauprinzip her, zugleich auch ein potentieller Sender»(KMK S. 265). Dass diese Vorbedingung geschaffen ist, ist ihm wichtig, denn seiner Meinung nach wird schon bald eine Demokratisierung des Rundfunks eintreten, da eine zentrale Kontrolle eines Datennetzes von solcher Größe, wie es das damalig war und das jetzige bei weitem ist, nicht möglich ist. So ist sein Plädoyer und die Hauptaussage des Textes, dass die Linke aufhören muss sich vor den Massenmedien zu fürchten und stattdessen versuchen soll an ihnen teilzuhaben und diese Entwicklung zu stützen (vgl. KMK S. 268ff).
Nach Meinung von Baudrillard ist der vorangegangene Text lediglich ein verspäteter Versuch die zunehmende Kommunikationsindustrie in die Theorien des Marxismus einzubinden, indem die Theorie der Produktion verallgemeinert wird (vgl. KMK S. 279). Er hingegen würde stattdessen eine Trennung von materieller und immaterieller Produktion vorschlagen, da die «marxistische Theorie der Produktion hoffnungslos partiell [ist] und (...) überhaupt nicht verallgemeinert werden» (KMK S. 280) kann.
Danach geht er auf Enzensbergers Aussage, dass durch Wandlung des Radios in einen Kommunikationsapparat man das Medium für die Ideen der Linken gewinnen könnte, ein. Er wirft ihm vor nicht gesehen zu haben, dass dazu ein kompletter Neuaufbau der momentanen Medienstruktur notwendig sei (vgl. KMK S. 284). Außerdem sei die Möglichkeit der Stimmabgabe durch Enthaltung, die Enzensberger den modernen Medien zuschreibt, schon prinzipiell in jeder Ware an sich durch die einfache Wahl des Nicht-Kaufes gegeben und nichts Besonderes.
Auch die Idee dass die Linke die Medien für sich nutzbar machen müsste kontert Baudrillard, indem er aufzeigt, dass diese schon von sich aus alle Bewegungen verstärken und potenzieren, so dass schließlich auch aus unbedeutenden Nachrichten politische Geschehnisse «Aus aller Welt» (KMK S. 288) werden. Diese Vergrößerung hat schließlich zur Folge, dass auch eigentlich nicht betroffene Menschen sich mit diesen konfrontiert sehen und unter Umständen teilhaben. Solche Bewegungen würden sich damit aber auf eine schwankende Basis begeben und somit zugleich zerfallen, auch wenn es aussieht als würde die Idee weit um sich greifen (vgl. KMK S. 289).
Das einzig wirkliche Kommunikationsmittel sei nach Baudrillard somit die Straßenwand mit ihren Beischmierereien, da sie lokal anzeigen was gedacht wird und für jeden zugänglich ist (vgl. KMK S. 290).
Will man die Debatte nun bewerten, so muss man sich zuerst vor Augen führen, dass diese über den Zeitraum eines halben Jahrhunderts geführt wurde und somit keineswegs wie in einer der heutzutage üblichen Talkshows zeitgleich und miteinander. Auch hat sich die Technik, besonders zwischen Brecht und Enzensberger, dazwischen weiterentwickelt und hinter dem Brechtschen Aufsatz liegt zudem ein ganzer Weltkrieg, der den "Volksempfänger" zu einem wirksamen Werkzeug der Propaganda gemacht und seinem Ansehen so sehr geschadet hat. Gerade wenn Baudrillard argumentiert dass man das momentane Mediennetzwerk komplett neu aufbauen müsste um die Visionen seiner Vorgänger zu erfüllen, so muss man doch erwidern, dass zumindest zu Brechts Zeiten dies im Bereich des Möglichen gewesen wäre, denn das Radio war noch jung und die Struktur dadurch noch nicht gefestigt.
Im Allgemeinen scheinen die Debattierenden eher damit beschäftigt ihre eigene Vorstellung bestmöglich dastehen zu lassen, während zumindest Baudrillard selbiges an seinem Vorredner kritisiert, wenn er ihm vorwirft in «bester marxistischer Soziologenmanier» (KMK S. 281) zu schreiben. Dies scheint jedoch fast schon ein bewährtes Mittel zu sein seine eigene Meinung durchzusetzen, besonders wenn schon mehrere Jahre vergangen sind und man kaum eine Antwort mehr erwarten kann.
Die Texte an und für sich sind gut strukturiert und logisch aufgebaut, so dass die Botschaft gut vermittelt wird, wenngleich Baudrillard auf seinen letzten Seiten kaum noch wirklich etwas zu sagen hat. Das Wort Debatte scheint mir allerdings fehl am Platze, da dazu, meiner Meinung nach, die für eine Kommunikation notwendige Rückkopplung fehlt.
War der Rundfunk zu Lebzeiten Bertolt Brechts noch auf das Radio beschränkt, so wurde dieser Begriff später auf das aufkommende Fernsehen ausgeweitet. Doch auch die Stellung des Mediums an sich hat sich im Laufe der Zeit geändert: Spricht Brecht in seinem Aufsatz die Radiobetreiber noch direkt an, dass sie «vorhaben, Kunst zu verkaufen vermittels [des] Radios» (KMK S. 263), so kann man heute auch von einem Ziel der Unterhaltung reden, welches das Erste sogar von seiner Position verdrängt haben mag. Auch die Informationserstattung hat deutlich zugenommen. Das hat damit zu tun, dass das Radio wesentlich erschwinglicher wurde und sich breitere Schichten der Gesellschaft und ihren Interessen angepasst hat. Ein weiterer Grund dafür ist die Einführung des dualen Rundfunksystems Mitte der 80er in Deutschland, welches es auch privaten und damit kommerziellen Sendern ermöglichte zu senden.
Den öffentlich-rechtlichen Radiostationen wird nun im Rundfunkstaatsvertrag3 die Aufgabe zur freien Meinungsbildung der Bevölkerung gegeben, doch auch den privaten Anbietern ist es Pflicht verschiedene Meinungen darzustellen, wodurch die Nutzung des Radios als Propagandamittel, wie es kurz nach Brechts Aufsatz geschah, unterbunden werden soll.
Inwieweit diese Entwicklung im Sinne Brechts geschah, ist fraglich. Zwar gibt es den, schon beim Fernsehen kurz angesprochenen Ansatz, dass Zuhörer mittels Telefon oder Internet in die Sendung mit eingreifen können, dies beschränkt sich jedoch meistens, zumindest beim Radio, nur auf Verkehrsmeldungen, Gewinnspiele und Musikwünsche. Brechts Visionen gehen allerdings viel weiter, wollen sie doch eine direkte Einbindung des Zuhörers in die Programmauswahl, was allerdings bei der riesigen Menge an solchen auch, nach unserem Vorstellungsvermögen, nur schwer zu bewerkstelligen ist.
Was mancher vielleicht anführen könnte, wären Nachmittags-Talkshows im Fernsehen, welche einen eher zweifelhaften Ruf haben. Da das Thema der Sendung jedoch schon im voraus festgelegt wird und auf die teilnehmenden Personen auch schon bis zu mehrere Wochen vor dem Auftritt eingeredet wird, so dass sie sich nach Vorstellung der Sender verhalten, kann man hier nicht mehr von einem Programm reden, dass vom Volk ausgeht.
Einziges Gegenbeispiel sind vielleicht die Beratungssendungen, die Menschen mit, je nach Sendung verschiedenen, Problemen suchen und versuchen ihre Interessen durch den Druck der Öffentlichkeitsarbeit gegen größere Unternehmen oder Ähnliches durchzusetzen.
Ob sich Brecht damit zufrieden geben würde, ist zu bezweifeln.