Spielwaren Schössler
aus der Serie Schaufenster
C-Print (100 x 125 cm)
2016
Vollkommen zerstört wankt man morgens um 3 Uhr an beleuchteten Schaufenstern vorbei und entdeckt das Geschenk, das man wieder einmal vergessen hatte. Closed. Smartphone - Amazon -am nächsten Morgen klingelt der Paketbote. Prime. Spricht hier die Nostalgie eines überholten Gesellschaftmodells, einer dekonstruierten Vergangenheit, auf die Christian Rothe in seinen Photographien verweist? Der Blick ist befreit in den Großformaten, alles ist im Fokus und zeigt sich beiläufig. Nichts, was man nicht kennen würde. Das Schaufenster lockt zum Einkauf eines nicht erfüllbaren Bedürfnisses. Als Spuren des alltäglichen Stadtgeschehens zeugen seine Fotografien von einer Verbindung aus Realität und Vergangenheit - mit dem Auslösen des Fotoapparats ist die Anwesenheit schon wieder Vergangenes und steht in Form der Fotografie nur noch als Spur für etwas Vergangenes Anwesendes, eines im Entschwinden begriffenen Augenblicks.
Indem Rothe die Schaufenster im Dunkeln fotografiert und somit jeden natürlichen Lichteinfall und Spiegelung der Außenwelt auslöscht, werden sie ihrer alltäglichen Situation beraubt - das Schaufenster wird zum Bild. Dadurch erscheinen die realen Orte unwirklich und künstlich. So sind sie verfremdet von ihrem Umfeld, sind bezugslos geworden und präsentieren sich dem Betrachter nur noch als Stadtfragmente, die er nicht mehr verorten kann. Er sieht sich nur mit dem Inhalt des Schaufensters konfrontiert, den er gleichsam wie Insekten unter Glas ohne Ablenkung betrachten kann.
Das Horror vacui Schaufenster der Gegenwart verbleibt in Rothes Fotografien nur mehr als Relikt moderner Konsumkultur des 20. Jahrhunderts und wird zum Ausdruck eines veränderten gegenwärtigen Konsumverhaltens: Smartphone - Amazon -Prime.
Andreas Lenz, Helena Pooch