Akt
Digital Print
100 x 140 cm
2019
Isabelle Castera und Max Broda gehören zu einer neuen Fotografengeneration. Sie zehren von erlebten Erfahrungen und machen sich alle Mittel zu eigen, die heute zur Verfügung stehen. Sie nutzen gängige Materialen und Stilformen in gleichem Maße, wie sie neue erfinden. Sie reproduzieren und produzieren zugleich, sie kopieren, zitieren, konterkarieren. Zum wiederholten Male kehren sich die Verhältnisse um. Ein neuer Diskurs beginnt. Isabelle Castera und Max Broda benutzen das Fotomaterial sowohl als Träger als auch als Gegenstand ihrer Botschaft, und entdecken somit die Symbolik der fotografischen Werkzeuge, die für sie nicht mehr nur Medium sondern Thema werden.
Die Künstler lenken die Aufmerksamkeit zurück auf das, was in der Transparenz des fotografischen Abbilds zu verschwinden droht: sie verweisen zurück zum Bild. Handeln wir nicht alle fortgesetzt mit Bildern? Seit dem Beginn des digitalen Zeitalters haben sich ganz eigene visuelle Ökonomien entfaltet, in denen Bilder alltägliche Objekte der Zirkulation, des Tausches und der Gabe wurden. Wir halten sie in Bewegung und rücken sie in immer neue Kontexte. Die erste, nächste und wohl auch wichtigste Umgebung eines Bildes sind deshalb andere Bilder. Das Bild als einen Gegenstand unser eigenen Handlungsweisen zu betrachten, wird daher vor allem heißen müssen, nach unseren eigenen Methoden zu fragen, mit denen wir in Bildern denken.
Unsere kulturelle Historie besteht aus Objekten, Orten und Oberflächen, die sich über das Denken einprägen. Durch distanzierte Herangehensweisen gelingt es Castera und Broda eine persönliche Abhandlung dieses Denkens anzubieten. Ihre inszenierten Werke sind von einer Melancholie geprägt, die nicht nur in der Jetztzeit existiert. Ob das ästhetische oder historische Gründe hat bleibt dem Betrachter verborgen, denn die Zusammenstellung der Objekte erfolgt ohne Hierarchie. Alles wird miteinander verknüpft, Wertigkeiten werden in Bewegung gesetzt. Motive, die der Betrachter als trivial wahrnimmt werden aufgeladen, freigelegt und sichtbar gemacht. Durch die Art und Weise, wie sie diese Motive künstlerisch entkontextualsieren verweisen sie jedoch darauf, wie unsere heutige Wahrnehmung von Bildern funktioniert. Zugleich praktizieren Castera und Broda eine selbstauferlegte Strenge und versuchen dadurch eine fokussierte Objektivität aus strahlenden Version von Realität zu erzeugen.
Nicht nur deshalb sind die Bildwelten von Isabella Castera und Max Broda auf faszinierende Weise paradox: Zeichen und Motive sind erkennbar, doch was sie aufzeigen möchten bleibt häufig bewusst offen. Es gibt Spuren denen wir folgen, Referenzen die wir lesen, aber am Ende ist es der präzise fotografische Blick, der uns über die Wirklichkeiten und Möglichkeiten ihrer bedingten Repräsentation nachdenken lässt.
Nils Emmerichs