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2018

Zwölf starre Kameraeinstellungen. Nur wenige Bewegungen zeigen, dass es sich um Film handelt. Insgesamt drei Offstimmen – oder zweieinhalb, da die Frau ständig von ihrem Mann unterbrochen wird. Gleich am Anfang sagt der junge Mann, was den Tenor des Gesagten bildet: „Ich habe keine Beziehung zu diesem Ort.“Die Sprechenden wohnen in den Kasernengebäuden des ehemaligen KZ Buchenwald, wiegeln aber wortreich ab, dazu in besonderer Beziehung zu stehen. Die genannten Gründe, hier zu wohnen, sind günstige Mietenund der freie Blick in den Wald. Sobald die Gedenkstätte geschlossen ist, kehrt hier eine Ruhe ein, die gespenstisch anmuten könnte, von den drei Bewohnern aberals Privileg gepriesen wird. Vincent Brières kurzer Film, dessen Ästhetik an Claude Lanzmanns monumentale ‚Shoah‘-Dokumentation erinnert, ist ein Zeugnis der Nicht-Beziehung – genauso befremdlich wie der am Anfang durchs Bild fahrende Bus der Stadtlinie 6, der, als wäre es eine Destination wie jede andere, auf seiner Stirn die Lettern BUCHENWALD trägt.

Michael Lüthy