Forschungsergebnisse

Die nachfolgenden Abschnitte beinhalten Teilaspekte aus dem Gesamtspektrum der Bearbeitung. Die Auswahl wird sukzessive erweitert.

Infografik

Auf Grundlage einer Nutzerstudie und der Auswertung bestehender Handlungsleitfäden und Planungshilfen wurde ein zielgruppengerechtes Informationssystem für kommunale Entscheidungsträger und Stadtplaner entwickelt. Durch die gezielte Aufbereitung der Informationen soll gewährleitestet werden, dass die im Rahmen der Forschergruppe TestReal erzielten Ergebnisse mit größtmöglichem Nutzen für die Praxis anwendbar sind.

Die Informationsgrafik gibt einen Überblick relevanter Themenfelder in Planung und Umsetzung, stellt die zur Stadtraumtypisierung und energetischen Bilanzierung erforderlichen Daten und Informationen bereit und bietet Erläuterungen für alle notwendigen Arbeitsschritte — von der Datenbeschaffung über die Anwendung der Kennzahlensystematik bis zur visuellen Auswertung.

Die Navigation durch die einzelnen Kapitel erfolgt wahlweise über die integrierte Zoomfunktion oder über die Navigationsleiste. Im Gegensatz zu herkömmlichen Planungshilfen erfolgt die Navigation hier nicht linear, sondern über die räumliche Anordnung der einzelnen Kapitel und Informationsebenen. Dies ermöglicht es den Anwendern, sich je nach individuellem Interessenschwerpunkt und Informationsbedarf intuitiv das benötigte Wissen zu erschließen.

Die Grundstruktur der Informationsgrafik bildet ein digitales Poster. Auf einen kurzen Einleitungstext folgen vier Kapitel, die in Leserichtung von links nach rechts und von oben nach unten durch die dargestellten Inhalte führen. Zusätzliche Informationen sind mittels Hyperlinks auf verknüpfte externe Dokumente abrufbar. Die einzelnen Kapitel sind durch unterschiedliche Informationsebenen strukturiert: Die erste Informationsebene  ermöglicht einen Überblick über die gesamte Grafik; Die zweite Informationsebene stellt die wichtigsten Inhalte dar; Die dritte Informationsebene enthält zusätzliche Erläuterungen; Die Zuordnung der Inhalte zu den unterschiedlichen Ebenen ermöglicht eine dem Informationsbedarf entsprechende Nutzerführung: Die für die Anwender relevantesten Informationen sind auf der obersten Informationsebene unmittelbar lesbar, eine eingehendere Betrachtung erfolgt erst auf den darunter liegenden Ebenen. Durch die dezente Animation einzelner grafischer Elemente wird die Aufmerksamkeit der Anwender sukzessiv von der obersten Informationsebene auf die unteren Ebenen gelenkt.

Bei der Konzeption der Informationsgrafik standen folgende Aspekte im Vordergrund:

  • Die Selektion der für die Anwendung relevanten Themenfelder in adäquater Informationstiefe,
  • Die räumliche Struktur und Anordnung der Inhalte sowie die Zuordnung zu den Informationsebenen unter Berücksichtigung von Leserichtung und Größenverhältnissen,
  • Die Ausarbeitung der einzelnen Grafiken und Diagramme nach konsistenten Gestaltungsregeln unter Berücksichtigung gängiger Konventionen und Kodierungen.

 

Die technische Umsetzung erfolgte auf Grundlage eines etablierten Systems zur Darstellung digitaler Karten. Damit ist auch für ungeübte Anwender eine intuitive Bedienung gewährleistet und eine redaktionelle Erweiterung der Inhalte jederzeit möglich.

Infografik

Softwareanalyse

Eine Nutzwertanalyse bestehender Softwaretools zur energetischen Potentialermittlung ergab, dass diese kaum auf die Zielgruppe der kommunalen Entscheidungsträger zugeschnitten sind (siehe Tabelle 1). Einerseits erfordert die Anwendung der Tools aufgrund der Komplexität der ihnen zugrundeliegenden Modelle die Verfügbarkeit erheblicher Mengen an Daten und Informationen. Dass diese Daten (z.B. Energieverbrauchswerte oder Abfallmengen) aus Datenschutzaspekten wegen bestehender Verwertungsrechte oder auch aus Imagegründen oftmals nicht von den lokalen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, erschwert zwangsläufig das Erzielen ortsspezifischer Ergebnisse. Andererseits ist die Bedienung der Werkzeuge oftmals nur mit spezifischem Fachwissen bzw. erst nach der Absolvierung von (kostenpflichtigen) Schulungen möglich. Dass in der Regel noch zusätzlich Lizenzgebühren für die Softwareanwendungen anfallen, schreckt vermutlich nicht nur skeptische sondern ebenfalls interessierte und aufgeschlossene Entscheidungsträger ab. Zusammenfassend ist demnach Folgendes kritisch:

  • Komplexität der Softwaremodelle - benötigte Datenmengen sehr groß bzw. für Entscheidungsträger oftmals nicht verfügbar
  • Mangelnde Anwenderfreundlichkeit - Vorwissen bzw. geschultes Personal benötigt
  • Lizenzgebühren - Abschreckende Wirkung

 

Im Ergebnis werden insbesondere die finanziell schlecht ausgestatteten Kommunen kaum von den bestehenden Angeboten erreicht. So fehlen beispielsweise ländlichen Kommunen die Kapazitäten, um vorhandene Informationsangebote und Werkzeuge gewinnbringend zu nutzen. Bei einer Ausdehnung von ca. 90% der Fläche Deutschlands [BMEL 2014] und einem flächenspezifisch erhöhtem Aufkommen an energetisch relevanten Stoffströmen (beispielsweise Abfall- und Reststoffe aus der Land- und Forstwirtschaft) ist der ländliche Raum jedoch von zentraler Bedeutung für die erfolgreiche Umsetzung der bundesweiten Energiewende. Um die Einstiegshürden in das Thema der kommunalen Energiewende zu verringern, sollte demnach ein anwenderfreundliches, freiverfügbares und von Partikularinteressen unabhängiges Tool für thematische Laien entwickelt werden. Diesen Bedarf aufgreifend, wurde im Rahmen von TestReal ein Konzept für eine solche Softwareanwendung entwickelt und soll perspektifisch weiter entwickelt werden. Entsprechende erste Schritte wurden bereits in Angriff genommen. Ziel ist die Entwicklung eines auf kommunale Entscheidungsträger zugeschnittenes Werkzeug zur Ermittlung, Darstellung und Kommunikation lokaler energetischer Potentiale unter Einbeziehung ökologischer und ökonomischer Aspekte. Anstatt die detaillierte Planungsleistung von Ingenieurbüros zu ersetzen, soll die Plattform einen fundierten Einstieg in die Thematik der Energiewende liefern. Die Möglichkeit der Ermittlung ortsspezifischer Potentiale liefert in diesem Zusammenhang zusätzliche Anreize für Entscheidungsträger sich im Rahmen der Energiewende zu engagieren.

Leitfadenanalyse

Im Zuge der Projektbearbeitung wurde eine umfassende Analyse frei zugängiger Leitfäden durchgeführt. Im Fokus standen auf kommunale Entscheidungsträger zugeschnittene Informationsmaterialien, die für diese Zielgruppe angepasste Handlungsoptionen anbieten. Die Leitfadenanalyse hat verdeutlicht, dass die vorhandenen Materialien zwar wertvolle Informationen, Erfahrungen und Konzepte enthalten – zumeist allerdings auf einzelne Aspekte der gesamten Thematik fokussieren. Zudem bereitet die Art der Informationsdarstellung Entscheidungsträgern oftmals erhebliche Schwierigkeiten, da die Einstiegshürden in die vielfältigen Themengebiete zu hoch sind. Zusammenfassend richten sich die Leitfäden an solche Kommunen, die ohnehin an der Umgestaltung ihrer Energieversorgungsinfrastruktur interessiert sind und sowohl die finanziellen, als auch zeitlichen bzw. personellen Kapazitäten besitzen, sich eingehend mit der Thematik zu beschäftigen. Dass diese Voraussetzungen häufig nur in wirtschaftlich erfolgreichen Regionen gegeben sind, erschwert die Umsetzung der bundesweit angestrebten Energiewende erheblich: Denn gerade die energetischen Potentiale der oftmals strukturschwachen ländlich geprägten Räume könnten einen wesentlichen Beitrag zu einer nachhaltigen Energieversorgung leisten.

Fazit:

  • Hohe Einstiegshürden durch die Art der Informationsaufbereitung in Leitfäden - Unentschlossene / Skeptiker werden nicht angesprochen
  • Leitfäden fokussieren auf einzelne Aspekte der Energiewende (z.B. Potential für Solaranlagen oder Nachwachsende Rohstoffe) - kein ganzheitliches Informationsangebot
  • Leitfäden fokussieren auf einzelne Bundesländer oder Landkreise - Übertragbarkeit der Ergebnisse oftmals nicht möglich
  • Fehlende Kapazitäten in strukturschwachen Regionen, um vorhandene Informationsangebote und Werkzeuge gewinnbringend zu nutzen - Energiewende erfolgt mehrheitlich in wirtschaftlich erfolgreichen Regionen
  • Umsetzung von Klimaschutzzielen in kleinen Kommunen oftmals durch Bürgernähe erleichtert - erhöhte Beteiligungsbereitschaft von Privathaushalten und Unternehmen

 

Schlussfolgernd werden die innerhalb der Forschergruppe TestReal zusammengetragenen Informationen und Projektergebnisse zielgruppengerecht aufbereitet und innerhalb einer webbasierten Infografik den kommunalen Entscheidungträgern zur Verfügung gestellt. Die nachfolgend zur Verfügung gestellte Übersicht fasst die analysierten Leitfäden und deren inhaltlichen Fokus zusammen.

Einflussgrößen

Sollen Aussagen zu Energieeffizienz oder zu innerstädtischen Potentialen der Energiebereitstellung generiert werden, ist es zweckdienlich, die prinzipiellen Zusammenhänge und Einflußgrößen zu kennen. Die Grafik fasst den Diskussionsprozess der Forschergruppe auf einer übersichtlichen Ebene zusammen, wobei nicht alle Aspekte im Zuge der Bearbeitung aufgegriffen wurden (grau gekennzeichnet).

Energieverbrauch und Energiebedarf sind demnach begrifflich zwar eng miteinander verbunden, werden aber von unterschiedlichen Größen beeinflusst. Während die Ermittlung des Bedarfs, als theoretischer Wert mit standardisiertem Verhalten, mehrheitlich durch die Gebäudehülle und die geografische Lage geprägt wird, spiegelt der Verbrauch existente Messwerte wider, die zusätzlich vom Nutzerverhalten - als essentielle Einflußgröße - und der Art der Energiebereitstellung abhängen. Im Idealfall verhält sich der Nutzer adäquat der Bedarfsermittlung, was in der Praxis jedoch nicht vorkommt. Einfluß auf beide Kenngrößen haben die Nutzungsart, also Industrie, Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD) und Haushalte sowie die rechtlichen Anforderungen und Förderprogramme. Die Begrifflichkeiten sind als Einflüsse in Pfeilrichtung zu verstehen. Prinzipiell ließen sich die Verästelungen immer weiter detaillieren und münden letztlich in Akteuren. Als Beispiel seien hier die bauphysikalischen Eigenschaften benannt, die auf Boden - Fassade - Dachfläche aufteilbar sind und sich dann wiederum über die Einzelelemente bis zum Hersteller fortführen lassen. Diese Zusammenhänge können dann allerdings nicht mehr zweidimensional bzw. ohne Ebenen dargestellt werden.

Energie-Supertrumpf

Quartettspiele sind ein bewährtes Mittel, um insbesondere technische Themen einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Das im Rahmen eines studentischen Projektes entwickelte Quartett soll die Mitspieler nicht belehren, sondern interessante Fragen aufwerfen: In welchem Stadtviertel sind die Energiekosten am höchsten? Wo wird am meisten Strom und Wärme benötigt? Und welchen Zusammenhang gibt es zwischen Bauweise, Wohnfläche und Energieverbrauch? Das Energie-Kartenspiel lässt Weimarer Stadtviertel gegeneinander antreten und soll spielerisch und unterhaltsam Aufmerksamkeit erzeugen.

Folgende Ziele standen im Vordergrund:

  • Sensibilisierung der Akteure für Themen der kommunalen Energiestadtplanung
    Adressaten: Kinder und Jugendliche als Multiplikatoren, Eltern
    Streuung: Schulen und öffentl. Einrichtungen
  • anschauliche Darstellung der Forschungsschwerpunkte der Forschergruppe TestReal
    Adressaten: Experten und interessierte Laien
    Streuung: Konferenzen, Tagungen, Workshops
  • Repräsentation der Arbeits- und Forschungsfelder der beteiligten Organisationen, u.a. der Bauhaus-Universität Weimar, der Stadtverwaltung und Mitgliedern des Industriebeirats der Forschergruppe TestReal

 

Grundlage für die inhaltliche und gestalterische Entwicklung des Kartenspiels bildeten Expertenbefragungen, Datenrecherche und Nutzertests. Das gestalterische Konzept ist darauf ausgerichtet, einen starken visuellen Bezug zum Thema herzustellen, Aufmerksamkeit zu erregen und Interesse beim Nutzer zu erzeugen sowie die enthaltenen Informationen übersichtlich und verständlich darzustellen. Der visuelle Bezug entsteht durch die Verwendung von Wärmebildaufnahmen markanter Punkte des jeweiligen Teilgebiets. Im Spielverlauf lassen sich dabei Lerneffekte auf unterschiedlichen Ebenen erzielen:

Thematische Zuordnung. Unterstützt durch die bildliche Darstellung wird der Zusammenhang zwischen Stadtraumtyp, Wohnfläche und Energieeffizienz veranschaulicht.

Einschätzung der Zahlenwerte. Um beim Stechen zu gewinnen, müssen die Spieler die angegebenen Zahlenwerte richtig einschätzen und sich darauf verständigen, ob der jeweils höhere oder niedrigere Wert gewinnt. Nach einigen Spielzügen wird durch Beobachtung des Spielverlaufs ein Lerneffekt erzielt.

Quantitative Informationen. Durch die quantitative Abbildung tatsächlicher Sachverhalte können Zusammenhänge hergeleitet und spielerisch erfahren werden. Dieser Lerneffekt kann auch ohne aktives Spielen durch das bloße Betrachten des Karten-Sets erreicht werden.

Energieflussbild der Stadt Weimar 2012

Das erarbeitete Energieflussbild in Form eines Sankey-Diagramms visualisiert die Energiebilanz der Stadt Weimar für das Jahr 2012. Darin sind in vertikaler Richtung die Energieströme von der Primärenergie über die der Stadt zugeführten Energien, der stadtinternen Sekundärenergieerzeugung und Endenergiebereitstellung bis hin zur Nutzenergie abgebildet. Die bei den Energieumwandlungsprozessen entstehenden Verluste sind horizontal nach rechts abgeleitet. Etwa die Hälfte des Primärenergieeinsatzes geht auf diesem Wege dem Endenergienutzer verloren. Die fossilen Primärenergieträger Erdgas, Erdöl und Kohle bilden in der Rangfolge die Basis für die Deckung des anthropogenen Energiebedarfs in Weimar, gefolgt von den erneuerbaren Energien. Kernenergie macht in der Primärenergiestruktur weniger als 5 % aus.

In der Grafik ist das energetische Gesicht einer typischen Mittelstadt mit relativ geringem Anteil größerer Gewerbebetriebe und mäßiger Sekundärenergieerzeugung erkennbar. Das Flussbild zeigt auf, dass der Einsatz von Erdgas insbesondere zur Deckung des Raumwärmebedarfes und die Verwendung von Erdöl größtenteils zur Deckung der Mobilitätsbedürfnisse dienen. Kraft-Wärme-Kopplung wird in Weimar fast ausschließlich mit Hilfe von Erdgas realisiert. Elektroenergie ist die dritte wichtige Säule zur Deckung einer Vielzahl anthropogener Bedürfnisse, die sich von der Prozesswärme und den stationären Antrieben in der industriellen Wirtschaft bis hin zu fast allen Endenergieverwendungszwecken im Haushaltssektor erstrecken. Auffällig sind hier die hohen Energieverluste bei der Erzeugung von Elektroenergie, die eng mit dem Anteil fossiler Energieträger verbunden sind. Der rechnerische Primärenergiefaktor der Elektrizität in Weimar beträgt ca. 2,1. Der relativ geringe Anteil erneuerbarer Energien an der Nutzenergiebedarfsdeckung wird getragen durch Biomasse und Biokraftstoffe. Nahezu 60 % des Nutzenergiebedarfes wird für die Raumheizung benötigt.