Der Unicato Award 2008
Tuesday, 21. Oct 2008
Die besten Beiträge, die im zurückliegenden Jahr bei Unicato ausgestrahlt wurden, sind wieder im Rahmen einer UNICATO Award Show mit den Unicato Awards 2008 gewürdigt worden.
UNICATO ist das studentische Filmmagazin des MDR FERNSEHENS und in seiner Form bundesweit einmalig.
„Die Filme beweisen das hohe Niveau der Medienausbildung in Mitteldeutschland und sind eindrucksvolle Beispiele für die Kreativität und Innovationskraft der Studierenden”, schätzt MDR Fernsehdirektor Wolfgang Vietze ein.
Ausgewählt wurden die Preisträgerfilme durch eine Jury, die sich aus dem Fachbeirat zusammensetzt, der das studentische Filmmagazin Unicato seit 2006 begleitet. Die Juroren sind Prof. Angela Zumpe (Dessau) und Prof. Dr. Gerhard Lampe (Halle) für Sachsen-Anhalt, Prof. Günther Graßau (Mittweida) und Prof. Dr. Rüdiger Steinmetz (Leipzig) für Sachsen, sowie Prof. Dr. Gabriele Schade (Erfurt) und Prof. Wolfgang Kissel (Weimar) für Thüringen.
Die Preisträger und die jeweilige Begründung der Jury:
Bester Spielfilm
Patrick Weißig
Ein Glücksfall
Hochschule Mittweida (FH); Fachbereich Medien
10:15 min
Laudator Prof. Dr. Gerhardt Lampe, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg:
Patrick Weißig war schon immer Stummfilm-Fan und konnte mit seinem Erstlingswerk diese Passion ausleben. “Ein Glücksfall” wurde auf Digi-Beta gedreht und mit Adobe After Effects nachbereitet. Entstanden ist dadurch eine virtuose Rekonstruktion der Ästhetik des späten Stummfilmkinos.
Natürlich nicht ohne moderne Tricks zu nutzen: Der “Fall von der Brücke” wurde vor der Blue Box im Fernseh-Studio der Hochschule Mittweida gedreht und einzelbildweise mit Autodesk Combustion bearbeitet. Einige andere Szenen wurden im Theater Zittau gedreht, das die Dreharbeiten auch kostenfrei mit Kostümen ausgestattet hat.
Bester Experimentalfilm
Susann Maria Hempel
Pelicula
Bauhaus-Universität Weimar
01:07
Laudator Werner Dieste, Direktor des MDR Landesfunkhauses Thüringen
„Ein vollstummer Experimentalfilm im MDR Fernsehen? Pegel: 0 – Kein Signal! Kann so etwas im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gesendet werden?
Dass dies möglich ist, beweist wieder einmal UNICATO, das studentische Filmmagazin. - Und nicht nur das, so ein Experiment hat die Jury in der Kategorie Bester Experimentalfilm als preiswürdig erachtet und ausgezeichnet.”
La Película steht im Spanischen sowohl für Haut (-Schicht) als auch für Film (-Streifen). Susann Maria Hempel hat für dieses Experiment ihren eigenen Körper vollständig mit Klebeband “abgezogen”, um kleinste Fett/Hautpartikel auf Folie aufzubringen und anschließend mit 35-mm-Film abzufilmen. Damit stellt sie als Filmschöpferin (creadora de película), ihren Körper dem Kino auf eine Weise zur Verfügung, wie sie näher und intimer nicht sein kann. Das Filmische des Hautmaterials und die Körperhaftigkeit des 35mm-Filmaterials verschmelzen zu einem stummen visuellen Poem, das radikaler nicht sein könnte. Den animierten Ganzkörper-Hautabdruck, den Widerschein der körperlichen Hülle als lautlosen nächtlichen Sendebeitrag im MDR-Fernsehen nah zu sehen, überrascht, verstört und weckt Interesse an weiteren Wagnissen.
Ein gelungenes Experiment in den Traditionen des Cinéma pur und des Absoluten Films der 20er und 30er Jahre, das in seiner Konsequenz beeindruckt und neugierig macht auf weitere Werke von Susann Maria Hempel.
Bester Dokumentarfilm
Un jour deux mondes – ein Tag zwei Welten
Maria Eckert, Tobias Kirchner, Manja Rothe, Ingolf Schubert
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
7:46 Min.
Laudator Wolfgang Vietze, MDR Fernsehdirektor:
„Mit Bildern Geschichten erzählen: Das ist die Kunst – und das macht Film zur Kunst. „Un jour – deux mondes. Ein Tag – zwei Welten” zeigt vorbildlich, wie so etwas geht. Momentaufnahmen vom alltäglichen Leben der Menschen auf Haiti, dagegen Kamerabeobachtungen vom ganz normalen Alltag in Paris. Keine Musik, kein Kommentar, nur die Geräuschkulisse und das Objektiv der Kamera. Und plötzlich prallen Welten aufeinander, werden völlig verschiedene Lebensmöglichkeiten sichtbar. Und das in weniger als acht Minuten.”
Dieser Film entstand im Rahmen des Arte-RUSH-Projekts, auf der Basis
des umfänglichen Rohmaterials, das der Filmemacher Raoul Peck in
Frankreich und seiner Heimat Haiti drehte und den am Projekt
teilnehmenden französischen und deutschen Universitäten zur Verfügung
stellte.
Weimar Filmpreis
Heimat in der Fremde
Fabian Gießler
Bauhaus-Universität Weimar
17:00 Min.
Laudatores Prof. Rüdiger Steinmetz, Universität Leipzig, und Stefan Wolf, Oberbürgermeister der Stadt Weimar
Als Kinder kamen sie in ein ihnen fremdes Land bzw. wurden dort geboren: die heute Alten in die Sowjetunion des Hitler-Stalinpakts der 30er Jahre und die heute Jungen in das vereinigte Deutschland. In Russland und Kasachstan waren sie die „Faschisten”, und in Deutschland sind sie die „Kommunisten”. In Russland pflegten die Alten ihr Deutsch, und in Deutschland pflegen die Jungen ihr Russisch. Sie wollen und wollten ihre Heimat, in der sie geboren sind, nicht vergessen.
Zerrissenheit, Heimatlosigkeit, Entwurzelung, Heimatsehnsucht – das thematisiert Fabian Giessler in seinem dokumentarischen Kurzfilm „Heimat in der Fremde”, der den Weimarer Filmpreis erhält.
Unicato Music Award
Visual Music
Jan Schönwiesner
Hochschule Anhalt (FH), FB Design
04:16 Min
Laudatores Prof. Dr Gerd Zimmermann, Rektor der Bauhaus Universität Weimar, und Benedikt Otto, Redaktionsleiter THÜRINGEN AKTUELL im MDR LANDESFUNKHAUS THÜRINGEN.
Der Fokus in diesem aufwendig produzierten Werk liegt auf Plattenbauten, deren Bauverfahren mit vorgefertigten Betonteilen – auch „Großtafelbauweise” genannt – in Anlehnung an die Ideen des Bauhauses erfolgte. Als Produkt industriellen Bauens wird “die Platte” mit ihrem uniformen Fassadenbild im Film “Visual Music” dekonstruiert. In Form eines Alptraums und zu einem progressiven Rhythmus beginnen die Gebäude aus DDR-Zeiten zu leben. Es schwingt durchaus Sarkasmus mit, wenn man die so genannten “Platten” geschossweise hervorschnellen sieht und ganze Gebäudesegmente schubladenhaft animiert werden. Als Beobachter dieses Aufruhrs der “Arbeiterschließfächer”, werden wir geradezu hypnotisch angezogen vom freien Spiel der Fertigteile. Wirbelnde Wandscheiben, splitterndes Glas und berstender Spannbeton tanzen zu den Jungle-Vibes von Amon Tobin. Diese Musik-Samples aus dem Mixer des brasilianischen DJs passen nahezu perfekt zur Gesamtaussage des Films.
Der Sonderpreis Europa, gestiftet vom Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Medien, wurde am 23. Juni 2008 anlässlich des Sommerfestes in der Landesvertretung des Freistaates Thüringen beim Bund in Berlin durch den Thüringer Minister Gerold Wucherpfennig und den Direktor des MDR Landesfunkhauses Thüringen, Werner Dieste, vergeben. Preisträger ist Christoph Peters (Universität Leipzig, Lehrstuhl Journalistik) Hindus mit seinem Dokumentarfilm “Hindus, Muslims, Fish & Chips”.
Die Unicato Awards sind mit jeweils 1.000 Euro dotiert.