31. Sendung am 13. Mai 2009

Friday, 24. Apr 2009

Die Platte ist tot – es lebe die Platte! Mit dem Bautyp WBS 70 löste die DDR einerseits sein Wohnungsproblem, andererseits verkörpert diese Bauweise wie keine andere die architektonische Tristesse des Arbeiter- und Bauernstaates. Dennoch, für viele Menschen standen die für damalige Verhältnisse hochmodernen und komfortablen Wohnungen im Plattenbau ganz oben auf der Wunschliste. Ob man es glaubt oder nicht, man sehnte sich nach der Platte und markierte den Neubezug als Glückstag im Kalender. War man in sozialistischen Zeiten als Mieter einer Plattenbauwohnung Teil eines großen Miteinanders, ist man heute durch ein Leben im „Ghetto” gebrandmarkt. Während früher Akademiker und Arbeiter Tür an Tür lebten, wandert der, der es sich leisten kann aus den Gebieten ab. Zurück bleiben Menschen der schwächeren sozialen Schicht, Ausländer, Aussiedler und viele leer stehende Wohnungen. Heute wird der gigantische Bau Stück für Stück abgetragen, rückgebaut und sogar wieder verwendet. Unicato widmet sich im Mai mit zwei Dokumentarfilmen dem Schicksal der Platte sowie deren damaligen und heutigen Bewohnern. Vor 20 Jahren fiel nicht nur die Mauer, die Deutschland trennte, sondern auch die „Mauer”, die Menschenträume und Menschenalbträume umschloss. Was jedoch bleibt ist die Erinnerung unzähliger Bewohner, junger sowie alter und ihre Gründe in den grauen Palästen zu wohnen, zu träumen, zu leben. Die Mauer fiel, aber die Geschichte bleibt.

vom-hang-zum-neubaugebiet.jpg

Vom Hang zum Neubaugebiet

Ein Film von Uta Hergert und Marcel Raabe, Dresden
Anfang der 80er Jahre entstand in Dresden eines der größten Neubaugebiete der DDR: Gorbitz. Der Dokumentarfilm von Ute Hergert und Marcel Raabe schildert anhand von Interviews mit Planern, Bewohnern und Verwaltern des Wohngebiets, der Dokumentation der Entwicklungsetappen, zahlreicher Archiv-Fotos und aktuellen Aufnahmen von Gorbitz sowie Trickfilmanimationen und eigens komponierter Filmmusik ein Stück lebendige Geschichte.
Entstanden ist letztlich eine komplexe Dokumentation, die einerseits versucht, das Aufwachsen in einem Neubaugebiet zu beschreiben und es sich andererseits zur Aufgabe macht, geschichtliche und soziale Zusammenhänge darzustellen und damit Stadtgeschichte zu dokumentieren.
Den Filmemachern, beide selbst in Gorbitz aufgewachsen, gelingt es in liebevoller Kleinarbeit ihrem Stadtteil ein filmisches Denkmal zu setzen und einem sozialistischen Lebenstraum in modernem Lebensraum Ausdruck zu verleihen. (30 Min.)

heimat_in_der_fremde.jpg

Heimat in der Fremde

Ein Film von Fabian Gießler, Weimar
Weimar-West ist eines der größten noch bestehenden Plattenbaugebiete der Klassikerstadt. Nach dem Fall der Mauer wurde das Wohngebiet neue Heimat für eine Vielzahl deutschstämmige Aussiedler aus den ehemaligen GUS-Staaten. Als Kinder kamen sie in ein ihnen fremdes Land bzw. wurden dort geboren: die heute Alten in die Sowjetunion des Hitler-Stalinpakts der 30er Jahre und die heute Jungen in das vereinigte Deutschland. In Russland und Kasachstan waren sie die „Faschisten”, und in Deutschland sind sie die „Kommunisten”. In Russland pflegten die Alten ihr Deutsch, und in Deutschland pflegen die Jungen ihr Russisch. Sie wollen und wollten ihre Heimat, in der sie geboren sind, nicht vergessen. (17 Min.)