16. Sendung am 20. Februar 2008
Wednesday, 20. Feb 2008
Das Grafische steht im Mittelpunkt der Februar-Ausgabe des studentischen Filmmagazins Unicato. In vier ganz unterschiedlichen Filmbeiträgen geben mitteldeutsche Studierende einen Eindruck von der Vielfalt, mit der Grafik in Bewegung gesetzt werden kann. Die Filmauswahl nimmt den Zuschauer mit auf einen Streifzug durch Videokunst, Zeichen-, Experimental- und Dokumentarfilm. Dabei ist das Grafische nicht nur Gegenstand der Filme, sondern auch Teil ihrer Form. So besteht Thilo Schneiders Film „Loops and Stripes“ aus Bewegungen, Wiederholungen und Schleifen gleichsam geklonter Filmsequenzen, die das Fernsehbild in eine fließende organische Struktur verwandeln. Florian Gwinners „Das Modell“ spielt mit dem Verhältnis von Grafik, Realitätseindruck und Realität in einer einzigen Plansequenz, d.h. einer Fahrtaufnahme in einer einzelnen Einstellung. Eine per se schon grafische Kunstform ist der Comic (engl. graphic novel), dessen ästhetische Charakteristika Franziska Junges 2D-Animationsfilm „Die Abenteuer von Superfatma“ auszeichnen. Grafiken sind jedoch auch Körperschmuck. Als Tattoos gehen sie „Unter die Haut“, wie zahlreiche Tätowierte in Philip Jones gleichnamigen Dokumentarfilm bekennen. Wie auch die Haut, versteht sich auch Unicato als eine Fläche, die von Sendung zu Sendung bearbeitet und auf diese Weise immer wieder neu erfunden werden kann.
Loops and Stripes (Schleifen und Streifen)
Thilo Schneider
Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Medien
Bewegung, Wiederholung, Rekursion, Spiegelung. Es geht um den „Loop“ (Schleife) als Thema, als strukturelles und dramaturgisches Element und als filmische Endlos-Bewegung. Thilo Schneider konfrontiert uns in seinem Video-Kunstwerk mit zwei wesentlichen Aspekten der Medientheorie: Zum einen mit der Bewegung, die gemeinhin als die wesentlichste Eigenschaft des Films aufgefasst wird; zum anderen mit der permanenten Wiederholung im Zeitalter digitaler Reproduzierbarkeit. (3:02 min)
Das Modell
Florian Gwinner
Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Gestaltung
Die rückwärts gerichtete Kamerafahrt durch ein Modell zeigt eine zunächst karge, weiß grundierte Landschaft. Gerade und konsequent führt der Kameraweg durch eine immer dichter werdende und im Maßstab ständig vergrößerte modellhafte Bebauung mit Papierzäunen, einzelnen Häusern, Bäumen, der schließlich in der realen Gegenständlichkeit eines Arbeitszimmers endet. „Man fährt durch ein Modell und hält in der Realität, um sich im Modell wieder zu finden.“ (Gwinner)
„Das Modell“ wurde unter anderem beim 12. Marler Video-Kunst-Preis 2006 mit einem Sonderpreis und zur Kölner Kunstfilmbiennale im Oktober 2007 mit dem BILD-KUNST Förderpreis ausgezeichnet. (5:50 min)
Die Abenteuer von Superfatma
Franziska Junge
Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig
Superfatma ist die zweifellos eine der ersten islamischen Superheldinnen. Wie alle Superheroes lebt auch sie in zwei Identitäten. Als erotisierende Bauchtänzerin bringt sie die Phantasien der arabischen Männer zum Kochen und stellt darüber hinaus eine Gefahr für den Straßenverkehr dar. Als der schreckliche Muzel, der Muezzin der örtlichen Moschee, dem kleinen Machmut befiehlt, den kaputten Lautsprecher auf dem Minarett zu reparieren, schlägt Superfatmas Stunde. In ihrer schwarzen Burka eilt die nun keusche Superheldin dem in Todesgefahr schwebenden Jungen zu Hilfe.
Bei ihren Einsätzen bedient sich Superfatma nicht irgendwelcher Technik-Gadgets wie dem Batmobil, sondern setzt ganz auf die schützende Funktion der Burka. Im Alltag ist sie scheinbar Teil einer moralisch verkommenen Gesellschaft, in Wahrheit wacht sie jedoch über die Einhaltung der durch den Koran vorgegebenen Regeln.
Die Schrift im Film greift Comic-Elemente auf und beschränkt sich auf Lautmalereien und Namen, so dass sie universell verständlich bleibt. Der 2D-Animationsfilm entstand während eines halbjährigen Arbeitsstipendiums in Kairo, Ägypten und basiert auf den Erfahrungen der Filmemacherin als fremde europäische Frau in dieser Männer-dominierten Welt. (7:30 min)
Unter die Haut
Philip Jones
Bauhaus-Universität Weimar
„Unter die Haut“ ist ein videojournalistischer Dokumentarfilm, der als Abschlussarbeit des Filmautoren Philip Jones an der Bauhaus-Universität Weimar entstanden ist. Eine halbe Stunde schickt uns Jones in das Reich der Nadeln. Dabei wird klar, dass heutzutage keineswegs nur noch Gefängnisinsassen und Seemänner tätowiert sind. In Interviews mit den unterschiedlichsten Charakteren, vom Bankkaufmann über den Tätowierer bis zur Chemielaborantin, die nebenbei als erfolgreiches Tattoo-Model tätig ist, erscheint die Tätowierung in ihrem ganzen symbolischen Spannungsfeld. Sie ist beides: Kunstwerk und körperliche Ausdrucksform.
Der patchworkartige Aufbau des Films erinnert an das langsame Stechen eines Tattoos, das am Ende zwar ein Bild freigibt, aber dennoch genügend Raum für die eigene Auseinandersetzung mit dem Thema lässt. (30 min.)