22. Sendung am 27. August 2008

Wednesday, 27. Aug 2008

Im August präsentiert Unicato fünf der sechs Preisträgerfilme, die am 19. Juni mit den Unicato Awards prämiert wurden. Die nunmehr zweite Unicato Award Show fand in diesem Jahr vor prominenten Vertretern des MDR und der Stadt Weimar im Erfurter Kindermedienzentrum statt. Im Juni wurden zum zweiten Mal die Unicato-Awards verliehen. Damit wurden die besten Filme des zurückliegenden Jahres aus dem Programm von Unicato, dem studentischen Filmmagazin erneut gewürdigt. Von den insgesamt sechs Awards wurden drei Preise vom MDR in den Kategorien Bester Spielfilm, Bester Experimentalfilm und Bester Dokumentarfilm vergeben. Zudem gab es drei Sonderpreise: der Weimar Filmpreis und der Filmpreis für Europa sowie der Unicato Music Award für das Beste Studentische Musikvideo – gestiftet von der Firma Eastpak. Die Preisverleihung wurde in diesem Jahr im Erfurter Kindermedienzentrum, in unmittelbarer Nachbarschaft des MDR Landesfunkhauses Thüringen, vorgenommen. Der Filmpreis für Europa wurde im Rahmen des Sommerfests der Landesvertretung des Freistaates Thüringen beim Bund in Berlin durch Minister Gerold Wucherpfennig verliehen.
Ausgewählt wurden die Preisträgerfilme durch eine Jury, die sich aus dem Unicato-Fachbeirat zusammensetzt, der das studentische Filmmagazin seit 2006 begleitet. Die Juroren sind Prof. Angela Zumpe (Dessau) und Prof. Dr. Gerhard Lampe (Halle) für Sachsen-Anhalt, Prof. Günther Graßau (Mittweida) und Prof. Dr. Rüdiger Steinmetz (Leipzig) für Sachsen, sowie Prof. Dr. Gabriele Schade (Erfurt) und Prof. Wolfgang Kissel (Weimar) für Thüringen.
Am 27. August präsentiert Unicato fünf der sechs hochkarätigen Preisträgerfilme. Der Preisträgerfilm des Filmpreises für Europa „Hindus, Muslims, Fish and Chips” von Christoph Peters wird in einer gesonderten Sendung ausgestrahlt.

Unicato Music Award

Visual Music
Jan Schönwiesner, Hochschule Anhalt (FH), FB Design, 04:16 Min

Laudatores Prof. Dr. Gerd Zimmermann, Rektor der Bauhaus Universität Weimar, und Benedikt Otto, Bereichsleiter Fernsehen im MDR LANDESFUNKHAUS THÜRINGEN.
Der Fokus in diesem aufwendig produzierten Werk liegt auf Plattenbauten, deren Bauverfahren mit vorgefertigten Betonteilen – auch „Großtafelbauweise” genannt – in Anlehnung an die Ideen des Bauhauses erfolgte. Als Produkt industriellen Bauens wird “die Platte” mit ihrem uniformen Fassadenbild im Film “Visual Music” dekonstruiert. In Form eines Alptraums und zu einem progressiven Rhythmus beginnen die Gebäude aus DDR-Zeiten zu leben. Es schwingt durchaus Sarkasmus mit, wenn man die so genannten “Platten” geschossweise hervorschnellen sieht und ganze Gebäudesegmente schubladenhaft animiert werden. Als Beobachter dieses Aufruhrs der “Arbeiterschließfächer”, werden wir geradezu hypnotisch angezogen vom freien Spiel der Fertigteile. Wirbelnde Wandscheiben, splitterndes Glas und berstender Spannbeton tanzen zu den Jungle-Vibes von Amon Tobin. Diese Musik-Samples aus dem Mixer des brasilianischen DJs passen nahezu perfekt zur Gesamtaussage des Films.

Bester Spielfilm

gluecksfall.jpg

Ein Glücksfall
Patrick Weißig, Hochschule Mittweida (FH), Fachbereich Medien, 10:15 min

Laudator Prof. Dr. Gerhardt Lampe, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg:
Patrick Weißig rekonstruiert in seinem Erstlingswerk nämlich virtuos die Ästhetik des späten Stummfilmkinos und zwar auf unterschiedlichen Ebenen. Weißigs Held geht in den Fußstapfen bekannter Tramps und Vagabunden, er ist heroisch-stoisch und tollpatschig zugleich, er taugt nicht fürs Leben, oder besser umgekehrt: das Leben mit seinen Gemeinheiten und Gefahren passt nicht zu ihm, der in seinen Versuchen, sich dem Realitätsprinzip anzupassen, immer wieder scheitert und erst am Ende sein Glück findet – oder auch nicht oder zumindest nicht ganz, wie der Schlussgag vielleicht augenzwinkernd und im Vorbeigehen anmerkt. Nicht nur seine Charaktere hat Weißig stimmig entlehnt, auch die narrativen und dramaturgischen Mittel sind gut gewählt. Exposition, Wende- und Höhepunkte sind treffend markiert. Die für den Stummfilm typischen Plansequenzen präsentieren das Geschehen zumeist in Halbtotalen. Dazu passt die übrige Grammatik der Kinematographie: die Verwendung von Zwischenschnitten und Blenden ebenso wie die Spannung erzeugende Verteilung von Information. Gelungen ist auch das Schauspiel, das sich in Mimik und Gestik an die Übertreibungen der Stummfilm-Zeit anschmiegt.

Bester Experimentalfilm

Pelicula
Susann Maria Hempel, Bauhaus-Universität Weimar, 01:07

Laudator Werner Dieste, Direktor des MDR Landesfunkhauses Thüringen:
„Ein vollstummer Experimentalfilm im MDR Fernsehen? Pegel: 0 – Kein Signal! Kann so etwas im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gesendet werden?
Dass dies möglich ist, beweist wieder einmal UNICATO, das studentische Filmmagazin. – Und nicht nur das, so ein Experiment hat die Jury in der Kategorie Bester Experimentalfilm als preiswürdig erachtet und ausgezeichnet.”
Película steht im Spanischen sowohl für Haut (-Schicht) als auch für Film (-Streifen). Susann Maria Hempel hat für dieses Experiment ihren eigenen Körper vollständig mit Klebeband “abgezogen”, um kleinste Fett/Hautpartikel auf Folie aufzubringen und anschließend damit eine 35-mm-Kontaktkopie erstellt. Damit stellt sie als Filmschöpferin (creadora de película), ihren Körper dem Kino auf eine Weise zur Verfügung, wie sie näher und intimer nicht sein kann. Das Filmische des Hautmaterials und die Körperhaftigkeit des 35mm-Filmmaterials verschmelzen zu einem stummen visuellen Poem, das radikaler nicht sein könnte. Den animierten Ganzkörper-Hautabdruck, den Widerschein der körperlichen Hülle als lautlosen nächtlichen Sendebeitrag im MDR-Fernsehen nah zu sehen, überrascht, verstört und weckt Interesse an weiteren Wagnissen. Ein gelungenes Experiment in den Traditionen des Cinéma pur und des Absoluten Films der 20er und 30er Jahre, das in seiner Konsequenz beeindruckt und neugierig macht auf weitere Werke von Susann Maria Hempel.

Bester Dokumentarfilm

eintag-zweiwelten.jpg

Un jour ¬ deux mondes – ein Tag ¬ zwei Welten
Maria Eckert, Tobias Kirchner, Manja Rothe, Ingolf Schubert
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 7:46 Min.

Laudator Wolfgang Vietze, MDR Fernsehdirektor:
„Mit Bildern Geschichten erzählen: Das ist die Kunst – und das macht Film zur Kunst. „Un jour – deux mondes. Ein Tag – zwei Welten” zeigt vorbildlich, wie so etwas geht. Momentaufnahmen vom alltäglichen Leben der Menschen auf Haiti, dagegen Kamerabeobachtungen vom ganz normalen Alltag in Paris. Keine Musik, kein Kommentar, nur die Geräuschkulisse und das Objektiv der Kamera. Und plötzlich prallen Welten aufeinander, werden völlig verschiedene Lebensmöglichkeiten sichtbar. Und das in weniger als acht Minuten.”
Dieser Film entstand im Rahmen des Arte-RUSH-Projekts, auf der Basis des umfangreichen Rohmaterials, das der Filmemacher Raoul Peck in Frankreich und seiner Heimat Haiti drehte und den am Projekt teilnehmenden französischen und deutschen Universitäten zur Verfügung stellte.

Weimar Filmpreis

heimat-in-der-fremde.jpg

Heimat in der Fremde
Fabian Gießler, Bauhaus-Universität Weimar, 17:00 Min.

Laudatores Prof. Rüdiger Steinmetz, Universität Leipzig, und Stefan Wolf, Oberbürgermeister der Stadt Weimar:
Als Kinder kamen sie in ein ihnen fremdes Land bzw. wurden dort geboren: die heute Alten in die Sowjetunion des Hitler-Stalinpakts der 30er Jahre und die heute Jungen in das vereinigte Deutschland. In Russland und Kasachstan waren sie die „Faschisten”, und in Deutschland sind sie die „Kommunisten”. In Russland pflegten die Alten ihr Deutsch, und in Deutschland pflegen die Jungen ihr Russisch. Sie wollen und wollten ihre Heimat, in der sie geboren sind, nicht vergessen.
Zerrissenheit, Heimatlosigkeit, Entwurzelung, Heimatsehnsucht – das thematisiert Fabian Giessler in seinem dokumentarischen Kurzfilm „Heimat in der Fremde”, der den Weimarer Filmpreis erhält.