13. Sendung am 7. November 2007

Wednesday, 07. Nov 2007

Dokumentarische Beiträge treffen auf Animationsfilme: Ein ungewöhnliche Paarung, die jedoch für das Dokumentar- und Animationsfilmfestival in Leipzig seit Jahrzehnten selbstverständlich ist. DOK Leipzig, wie es der Kenner nennt, begeht derzeit sein 50. Jubiläum. Für Unicato Anlass genug, eines der ältesten Filmfestivals Deutschlands mit animierten und dokumentarischen Beiträgen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu würdigen.

Inhaltlicher Schwerpunkt der aktuellen Unicato-Sendung ist diesmal Deutschlands Nachbar Frankreich. So reist ein Berliner Metzger, der sich auf die Herstellung von Blutwurst spezialisiert hat, in die Normandie. Seine Hoffnung ist, beim jährlichen Treffen der französischen Bruderschaft der Blutwurstritter eine Auszeichnung für seine Produkte zu bekommen. „Ritter der Blutwurst“ von Daniel Gräber, entstanden im Kurzfilmseminar von Prof. Dr. Steinmetz an der Universität Leipzig, nimmt sich viel Zeit für seine Protagonisten. Dabei zeigt sich, dass man ihrem blutigen Gewerbe hin und wieder durchaus witzige Seiten abgewinnen kann. Genauso witzig, aber noch wesentlich rasanter geht es in Tom Freitags kurzem Animationsfilm „Les Ineffables“ nach einer Bildergeschichte des französischen Comicautors Lewis Trondheim zu, wenn der eifrige Klaus mit einer bestimmten Form des Peter-Prinzips konfrontiert wird. Der Dessauer Designstudent Jan Schönwiesner bringt in seinem Kurzfilm „Die Barke“ Stil und Gedankenwelt des französischen Impressionismus in Bewegung, während Konstantinos-Antonios Goutos sich in „The VideoFlaneur shoot himself“ mit einer urfranzösischen Erfindung auseinandersetzt: Ziel des Flanierens ist nicht die Bewegung oder das Erreichen eines bestimmten Ortes, es ist vielmehr die Grundlage für Reflexionen über die großstädtische Gesellschaft. Goutos Film lief kürzlich im Rahmen des neunten Internationalen backup-Festivals in Weimar, in dem vier Tage lang Kurzfilme aus aller Welt präsentiert wurden. „Les Ineffables“ ist offizieller Beitrag auf dem Leipziger Dokumentar- und Animationsfilmfestival im Programm „Neue Deutsche Animation“.

DOK Leipzig wurde 1955 vom damaligen Club der Filmschaffenden der DDR als „Gesamtdeutsche Leipziger Woche für Kultur- und Dokumentarfilm“ gegründet und stellte damit das erste unabhängige Filmfestival der DDR dar. Der künstlerische Animationsfilm ist seit 1996 mit einem eigenständigen Wettbewerb vertreten, obwohl er bereits seit Jahrzehnten integraler Teil des Festivals ist. Als Zwei-Sparten-Festival ist Leipzig damit einzigartig.
War es in Zeiten des Kalten Krieges vor allem ein Ort der Begegnung und des Austausches von Filmemachern aus Ost und West, so hat sich DOK Leipzig nach der deutschen Wiedervereinigung mit einem qualitativ hoch stehenden Programm und in den letzten Jahren mit neuen Branchenangeboten zu einem der dynamischsten Festivals für Dokumentar- und Animationsfilme entwickelt.

Das 50. Internationaler Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm fand vom 29. Oktober bis zum 4. November 2007 statt.

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Die Barke

Jan Schönwiesner
Hochschule Anhalt, Fachbereich Design Dessau
Jan Schönwiesner erzählt die Geschichte eines fiktionalen Bildes. Stilistisch an den kräftigen Pinselstrich des französischen Impressionismus angelehnt, erweitert er das Bildsujet um den tragischen Ausgang einer Liebesbeziehung. Was wie so oft bleibt, ist das Objekt der Erinnerung. Die digitalen Videoaufnahmen wurden Bild für Bild bemalt. (01:35 min)

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The VideoFlaneur shoot himself

Konstantinos-Antonios Goutos
Hochschule für Gestaltung und Buchkunst Leipzig
Der Künstler geht wie ein Flaneur durch die Stadt. Er hat keine Schildkröte bei sich (wie die ersten Pariser Flaneure in den 1830er Jahren es hatten), er schreibt keine Geschichten (wie Edgar Allan Poe und Hans Christian Andersen es gemacht haben) und er schreibt keine Gedichte (wie Baudelaire oder Rilke). Der heutige Flaneur filmt sich selbst. (09:23 min)

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Ritter der Blutwurst

Daniel Gräber
Universität Leipzig, Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft
Das Fleischerhandwerk hat´s nicht leicht. Der Konkurrenzdruck durch Industrie und Supermärkte wächst und der Nachwuchs fehlt auch. Viele Metzger mussten in den letzten Jahren ihre Geschäfte schließen. Marcus Benser, Fleischermeister aus Berlin-Neukölln, will seine traditionell hergestellt Blutwurst besser vermarkten. Sein Marketingkonzept: Man tue sich mit einem ehemaligen Fernsehredakteur zusammen und werde Mitglied der französischen Bruderschaft der Blutwurstritter. Dieses Jahr ist der Fleischer erstmals gemeinsam mit seinem neuen Geschäftspartner zum Wettbewerb der Bruderschaft in die Normandie unterwegs. Das Konzept scheint aufzugehen, doch können auch Spannungen zwischen traditionellem Handwerk und modernem Marketing entstehen. (30:32 min)

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Les Ineffables (Die Fabelhaften)

Tom Freitag
Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Medien
Dieser dreiminütige 3D-Animationsfilm basiert auf einem Comic von Lewis Trondheim. Presto Subito, der König der Lieferanten, engagiert den eifrigen Klaus. Und es geschieht alles so, wie es kommen muss. Klaus macht Karriere. Doch wer hoch steigt, fällt tief. Eine kurze zynische Geschichte, die sich, galant erzählt von Françoise Cactus, ungewöhnlicher Bilderwelten bedient. (2:57 min)