18. Sendung am 23. April 2008

Wednesday, 23. Apr 2008

Dichtung und Vision – Unicato April

Lyrisch und experimentell – das ist Unicato im April. In neun Beiträgen haben mitteldeutsche Studierende der Verbindung von Poesie und bewegten Bildern gewidmet. Entstanden sind einzigartige künstlerische Arbeiten, die sich textuell etablierter Autoren wie Hermann Hesse oder F.W. Bernstein bedienen, aber vielfach auch eigene Gedichte oder Texte ins Bild bringen. Exemplarisch für diesen umfassenden Ansatz stehen Nicole Nikolopoulou („Ich langweil mich“), Andrea Seyfarth und Konstantin Knust („Der Narr“) oder Christian Eichner
(„März“). Die Weimarer Studentin Janett Springer fand dagegen im Nachlass ihrer Großeltern von diesen selbst verfasste Liebesgedichte, die ein beredtes Zeugnis für ihre tiefe Zuneigung in den dunkelsten Kapiteln deutscher Geschichte darstellen.
Die Verbindung von Poesie und Film ist seit gut fünf Jahren zentrales Anliegen des experimentellen Fernsehmagazins LYRIK.TV der Hochschule Magedeburg-Stendal. Angeleitet von dem Videopionier Gerd Conradt formulieren die Studierenden Vorstellungen für die filmische Adaption von Gedichten, Sprachspielen, Schlagzeilen und Berichten aus dem Alltag. Unicato stellt in seiner aktuellen Ausgabe einen Beitrag aus LYRIK.TV vor.

LYRIK.TV

Hochschule Magdeburg-Stendal
9:33 min
LYRIK.TV ist ein experimentelles Fernsehmagazin der Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Journalistik/Medienmanagement. Pro Semester wird eine Ausgabe entwickelt und auf einer selbst organisierten Premierenfeier der Öffentlichkeit vorgestellt. In der aktuellen und letzten Ausgabe mit Gerd Conradt haben die Studierenden von 44 Akteuren Hermann Hesses Gedicht “Stufen” lesen und darstellen lassen. Das 1941 entstandene Poem ist Ausgangspunkt und Arbeitsgrundlage für Experimente mit der Sprache und der Kamera. Zu Beginn des Filmes ist Hesse in einer Originalaufnahme selbst zu hören. Er liest aus seiner autobiographischen Schrift “Traumgeschenk”.

Der Dinggang

Ulrike Friedrich
Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig
Bauhaus-Universität Weimar
1:44 min
“Der Dinggang” erzählt die Odyssee der Dinge, die ein Ende suchen und vielleicht niemals finden werden. Der 2D-Animationsfilm bringt den Ball ins Rollen – kongenial begleitet vom lakonischen Sprachwitz des Satirikers und Titanic-Autors F.W. Bernstein.

Ihr Lacherer, schlagt die Lache an!

Susann Maria Hempel
Bauhaus-Universität Weimar
Fakultät Medien
4:07 min
“Lachend genieße ich das kommende Unglück. Über das gegenwärtige Unglück habe ich nicht die Kraft zu lachen. Andere werden darüber lachen, ich lade sie
dazu ein.” (George Bataille)

Geschwister

Ronny Traufeller
Hochschule Anhalt (FH)
Fachbereiche Design Dessau
3:16 min
Ronny Traufellers Film ist eine Ode an seinen imaginierten Bruder. Der 2D-Animationsfilm kombiniert collageartig ganz unterschiedliche Trick- und Darstellungstechniken. Schrift, Bewegung, Bilder und elektronische Beats bilden ein ganz eigenes, aber immer überzeugendes Gesamtkunstwerk.

Heimkehr

Janett Springer
Bauhaus-Universität Weimar
Fakultät Medien
4:39 min
Das anfänglich schwarze Bild löst sich allmählich im Postkartenmotiv einer Winterlandschaft auf. An Weihnachten 1947 versicherten sich die Großeltern der Filmemacherin durch Gedichte ihrer Liebe und verarbeiteten damit die erzwungene Trennung durch den Zweiten Weltkrieg. Er im Felde, sie an der Heimatfront. Janett Springers Kurzfilm ist ein erschütterndes, doch gleichsam tief berührendes Zeugnis menschlichen Sehnens in einer barbarischen Zeit.

Die Stille

Susann Maria Hempel
Bauhaus-Universität Weimar
Fakultät Medien
1:03 min
Ein Experimentalfilm über das gleichnamige Gedicht von Rainer Maria Rilke.
“Ich höre den Klang deiner Stimme, nah und fern zugleich – es ist kein Bild deiner Stimme, sondern etwas Direktes: der Abdruck eines Abdrucks. Es ist die Stimme selbst, die sich im elektrischen Strom abdrückt wie ein Gesicht im weichen Gips. Was sich in der Membran im Telefonhörer abdrückt und schließlich in der Membran des Ohres, ist die Totenmaske der Stimme.” Bernhard Siegert

Ich langweil mich

Nicole Nikolopoulou
Bauhaus-Universität Weimar
Fakultät Gestaltung
2:10 min
Der Blick durch den View-Master, einem bekannten Kinderspielzeug zum Betrachten stereoskopischer Bilder, als Ausdruck von Langeweile und Untätigkeit. Disney-Figuren ziehen vorbei, ohne sich zu bewegen. Nicole Nikolopoulou ist ein experimentelles Spiel mit dem Kamerablick und Bildobjekten.

Der Narr

Andrea Seyfarth, Konstantin Knust
Bauhaus-Universität Weimar
17:35 Min
In stark verfremdeten unruhigen Bildern stellt dieses filmische Experiment existenzielle Fragen nach der eigenen Wahrnehmung, sozialen Beziehungen und der individuellen Verortung in der Welt. „Wer bin ich? Und wer ist es, der diese Frage stellt?“

März

Christian Eichner
Bauhaus-Universität Weimar
Fakultät Medien
1:10 min
Ist März, kann nur helfen der Kriegsgott. Ein Experimentalfilm über die Mannigfaltigkeit innerer Stimmen. Die Wut im Bauch bricht sich Bahn.