46. Sendung am 2. September 2010
Monday, 16. Aug 2010
Im Juni wurden zum vierten Mal die Unicato Awards verliehen. Im Rahmen einer Award Show im Volkspark in Halle/Saale konnten sieben Filme ausgezeichnet werden. Vier Preisträger-Filme der Kategorien Weimar Filmpreis, Experimentalfilm, Spielfilm und Unicato Music für das beste studentische Musikvideo stellen wir ihnen in der Sendung vor.
Die Jury hatte es bei ihrer Auswahl nicht leicht, waren die im Vorfeld nominierten Filme doch ästhetisch und inhaltlich äußerst anspruchsvoll wie vielfältig. Die Preisträger überzeugten am deutlichsten und spiegeln gleichzeitig auch die hohe gestalterische Qualität mitteldeutscher Hochschulen und damit auch des Unicato-Programms im MDR Fernsehen wider. Die Unicato Awards sind mit einem Preisgeld von jeweils 1.000 Euro verbunden. Die Entscheidungen der sechsköpfigen Jury, bestehend aus Professorinnen und Professoren mitteldeutscher Gestaltungs- und Medienstudiengänge, sehen wie folgt aus:
Weimar Filmpreis
Ein Augenblick
Alice von Gwinner, Bauhaus-Universität Weimar | 12:20 Min.
Inspiriert von Schillers Worten, nach denen der »mächtigste von allen Herrschern« der Augenblick ist, erzählt der Film von einer jungen Frau, die in einer seltsam leer anmutenden Wohnung lebt. Täglich um 16 Uhr erwacht sie aus dieser Leere und blinzelt durch den Türspion. Der Grund ist ihr Nachbar, der immer um diese Zeit seinen Briefkasten leert. Von nun an überrascht sie ihn täglich aufs Neue mit kleinen Aufmerksamkeiten in seinem Briefkasten.
Alice von Gwinners Beitrag ist ein Film über ferne Beziehungen, Wünsche und Träume.
„Alice von Gwinner beweist einen erfrischend direkten Umgang mit der Weimarer Klassik, welcher den Zielen der gleichnamigen Stiftung nämlich “einen Brückenschlag zwischen dem klassischen Erbe und den Künsten der Gegenwart zu ermöglichen” ungewöhnlich nahe kommt. Ein Beispiel, das Schule machen sollte, auch nach dem Unterricht: Schnell, wie es der Geist geboren, Will das Werk empfunden sein. So entschieden sagt es der Dichter!” (Auszug aus der Laudatio von Ulrich Dillmann, amtierender Stadtkulturdirektor der Stadt Weimar)
Bester Experimentalfilm
Frisch machen
Friedemann Ebelt, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg | 2:47 Min.
Frisch machen bedeutet umgangssprachlich, sich vom Alltagsstress rituell zu säubern, um wieder fit für Gesellschaft zu sein; Seife verleiht dazu die erwartete Sauberkeit und das notwendige Selbstbewusstsein. Aber was verleiht ihr diese Kraft? Ist es der Tiertalg aus dem sie hergestellt wird?
„Der Film benötigt für einen ganzen Diskurs um Hygiene als sozialer Handlung, bei der wir unsere Hände im wahrsten Sinne des Wortes in Unschuld waschen, nur eine einzige Einstellung. Nur hin und wieder blitzen Bilder aus Schlachthäusern durch, eben jene Bilder, die wir angesichts unserer Komfortsucht aus dem Bewusstsein ausschließen. Eben dieses Bewusstsein stellt der Film wieder her. Er ist, wenn man so will, ein Agent der Aufklärung und erledigt seinen Job auf erschreckend effiziente Weise. Dies soll nicht unbelohnt bleiben.” (Auszug aus der Laudatio von Werner Dieste, Direktor des MDR Landesfunkhauses Thüringen)
Bester Spielfilm
Im Herbst kein Lied
Karsten Prühl, Bauhaus-Universität Weimar | 22 Min.
Deutschland 1944. Zwei amerikanische Piloten werden in der Nähe eines Forsthauses abgeschossen. Der 14-jährige Alfred (Vito Hanné) sieht in der Suche nach den kostbaren Fallschirmen die Chance, seinen Vater (Peer Martiny) für sich einzunehmen. Nachdem dieser von Amts wegen eine Hetzjagd auf die Piloten mitmachen muss, schleicht sich Alfred unerlaubt in den Wald. Sein jüngerer Bruder Ludwig (Cedric/Rouven Stadelmann) folgt ihm. Gemeinsam werden sie Zeugen einer Tat, die ihr Verhältnis zum Vater grundlegend verändert.
“Die dramaturgischen Bögen werden durch atmosphärisch dichte Bilder gehalten, die nicht konstruiert erscheinen, sondern die Motive der Geschichte rahmen; in den Interieurs der Küche oder des nächtlichen Kinderschlafzimmer die Beziehungen der Personen belichten oder die Gefühle der Akteure spiegeln; in sparsamen Kamerabewegungen und Montagen die Handlung nicht vorantreiben, sondern sich behutsam entwickeln lassen. Spiel, Kostüm, Szenenbild, Maske, Licht, Ton, Musik, Schnitt – alle Gewerke unterstützen einander auf hochprofessionelle Weise.” (Auszug aus der Laudatio von Prof. Dr. Gerhard Lampe, Professor am Institut für Medienwissenschaften an der Martin-Luther-Universität in Halle)
Unicato Music
Reise zum Mars
Sebastian Binder, Bauhaus-Universität Weimar | 8:44 Min.
In der Musikvideo-Verfilmung des nachgelassenen Science-Fiction-Drehbuchs “Mars” von Walter Dexel aus den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts erzählt Sebastian Binder die abenteuerliche Geschichte dreier Reisenden zum Mars. Der retrofuturistische Musikfilm, der im Rahmen einer Masterarbeit entstand, wurde schließlich als Finalist zu den König Pilsener Webfilm Awards nach Berlin eingeladen.
„Mit dem 8-minütigen Kurzfilm „Reise zum Mars” hat Herr Sebastian Binder im Rahmen seiner Masterarbeit einen herausragenden retrofuturistischen Science Fiction Film produziert. Auffällig ist eine leichtfüßig-ironische Erzählweise, die ohne Dialoge auskommt und die sich in Verbindung mit der ausgewählten S/W-Stummfilm-Bildästhetik und einem gestischen Schauspiel nahezu perfekt dem Duktus des frühen Kinos anpasst. Dabei entstand ein Film, der auf der ästhetischen Ebene den Vergleich mit Werken des Blockbuster-Kinos nicht zu scheuen braucht.” (Auszug aus der Laudatio von Benedikt Otto, Bereichsleiter Fernsehen des MDR Landesfunkhauses Thüringen)